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Invasive Schmerztherapie: Epidurale und intratekale Schmerzmittelgabe
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Epidurale Schmerzmittelgabe
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Spritzen in den Epiduralraum
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Bei der epiduralen Medikamentenverabreichung werden die Schmerzmittel in das
Fettgewebe eingespritzt, welches das Rückenmark umhüllt (Epiduralraum,
epidurales Fett). Dadurch erreichen die Wirkstoffe auch die schmerzleitenden
Nervenfasern, die durch den Epiduralraum zum Rückenmark ziehen.
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Indikationen für eine epidurale Verabreichung
von Schmerzmitteln
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Die epidurale Medikamentenverabreichung ist insbesondere in folgenden
Situationen sinnvoll:
- unzureichende Schmerzlinderung durch Tablettengaben oder
Ähnliches
- Auftreten belastender Nebenwirkungen bei einer Schmerzmittelgabe in
Form von Tabletten oder Ähnlichem (beispielsweise starke Übelkeit oder
ausgeprägte Verstopfung)
- Tumorschmerzen am Rumpf und/oder an den Beinen, da die
schmerzleitenden Nervenfasern in diesem Fall durch eine epidurale
Medikamentengabe gut erreichbar sind
- unter Umständen auch Tumorschmerzen im Bereich der Arme, wobei der
Epiduralkatheter hier entsprechend höher angelegt werden muss (an der
Halswirbelsäule)
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Vorgehen bei der Punktion des Epiduralraums
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Die Punktion des Epiduralraums erfolgt mit einer speziellen Kanüle, einer
sogenannten Tuohy-Kanüle. Die Punktion wird entweder mittig über der
Wirbelsäule oder seitlich neben der Mittellinie durchgeführt. Die "Punktionshöhe" richtet
sich nach der Lokalisation der Tumorschmerzen, beispielsweise an den Beinen oder
den Armen. Nach Durchstechen der Haut und der Muskulatur wird die Nadel bis
in den Epiduralraum vorgeschoben. Das Eindringen der Nadel in den Epiduralraum
kann der Behandler gut
erspüren, da der Widerstand in diesem Moment plötzlich nachlässt ("loss of
resistance"). Das ist auf das Durchstechen des straffen Gelben Bandes
(Ligamentum flavum) zurückzuführen, das den Epiduralraum umhüllt. Die
korrekte Lage der Tuohy-Kanüle wird anschließend durch Einspritzen einer
Testdosis eines lokalen Betäubungsmittels überprüft. Ist die korrekte Lage
sichergestellt, wird der Katheter mit einem Faden an der Haut fixiert.
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Meistens werden starke Opioide angewandt
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Als Medikamente für die epidurale Tumorschmerztherapie eignen sich
insbesondere starke Opioide wie Morphin, Fentanyl und Sufentanil. Lokale Betäubungsmittel wie Ropivacain oder Bupivacain
sind sinnvolle Ergänzungen, um den schmerzlindernden Effekt der Opioide
zu verstärken. Auf diese Weise lässt sich die Opioiddosis auch reduzieren, was
bei Auftreten unangenehmer Nebenwirkungen von Bedeutung ist. Weiterhin ist zur
Wirkungsverstärkung der Opioide die Gabe des Wirkstoffs Clonidin möglich.
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Standarddosierungen von Morphin
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Die Anfangsdosis richtet sich nach derjenigen Opioiddosis, welche vorher in
anderer Form verabreicht wurde. Zusätzlich ist eine Orientierung am Ausmaß der
Schmerzlinderung nach der Verabreichung der Testdosis sinnvoll. Übliche Startdosierungen liegen bei 2 Milligramm Morphin mit einem
Morphintagesbedarf zwischen 4 und 20 Milligramm. Eine Morphinhöchstdosis gibt es
nicht. Limitierend sind unter Umständen Nebenwirkungen wie Juckreiz,
Schwierigkeiten beim Wasserlassen oder Müdigkeit sowie selten Erbrechen und
Schwindelgefühle.
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Schmerzstillende Wirkung bis 15 Stunden
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Die Schmerzlinderung hält nach Verabreichung einer passenden Morphindosis 8
bis 15 Stunden an, in Einzelfällen auch länger. Da Fentanyl und Sufentanil
im Gegensatz dazu nur eine kurze Wirkungsdauer aufweisen, sollten sie nicht in
Form von Einzeldosen verabreicht werden, sondern kontinuierlich (am besten unter
Verwendung von Medikamentenpumpen).
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Intrathekale Schmerzmittelgabe |
Indikationen sind dieselben
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Die intrathekale Tumorschmerztherapie ist in denselben Situationen sinnvoll,
bei denen auch eine epidurale Schmerzmittelgabe in Betracht gezogen wird
(s. oben). Sie ist vor allem dann hilfreich, wenn sich durch eine epidurale
Tumorschmerztherapie keine ausreichende Schmerzlinderung erreichen lässt.
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Injektion in den Liquorraum im Bereich der Lendenwirbelsäule
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Bei dieser Form der Tumorschmerztherapie wird eine spezielle Kanüle im
Bereich der Lendenwirbelsäule in den Nervenwasserraum (Liquorraum) eingeführt (man spricht
daher auch von einer spinalen Medikamentenverabreichung – "spinal": die
Wirbelsäule oder das Rückenmark betreffend). Der Nervenwasserraum liegt eine
Schicht tiefer als der Epiduralraum, sodass die Punktionsnadel etwas weiter
vorgeschoben werden muss als bei der epiduralen Medikamentenverabreichung. Die
korrekte Lage der Kanüle lässt sich am Austritt des Nervenwassers erkennen.
Dieses ist klar und durchsichtig und hat eine wässrige Konsistenz.
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Dosierung der Medikamente geringer
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Bei der spinalen Medikamentenverabreichung kann man dieselben Medikamenten
verwenden wie bei der epiduralen Tumorschmerztherapie (s. oben), allerdings in
deutlich geringerer Dosierung (Einzeldosis für Morphin: 0,1 Milligramm;
Tagesdosis für Morphin: meist zwischen 0,5 und 0,8 Milligramm). Die geringere
Dosis ist ausreichend, da die Medikamente über das Nervenwasser direkt das
Nervengewebe erreichen und dort ihre Wirkung entfalten können. Eine
Wirkungsabschwächung durch Stoffwechselprozesse oder die Durchwanderung anderer
Gewebe entfällt.
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Nebenwirkungen
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Für die spinale Tumorschmerztherapie sind dieselben Nebenwirkungen zu
beachten wie bei der epiduralen Form. Zusätzlich kann es zum Auftreten
von Muskelkrämpfen (Myoklonien) und zu einer Entzündung der sogenannten
Spinnengewebshaut kommen (Arachnoiditis). Die Spinnengewebshaut (Dura
arachnoidea) ist eine Schicht der weichen Hirn- und Rückenmarkshäute.
Direkt unter der Spinnengewebshaut befindet sich der Nervenwasserraum.
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Vergleich zwischen epiduraler und intrathekaler Schmerzmittelgabe
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Intrathekale Verabreichung wirkt schneller
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Die epidurale und die intrathekale Medikamentengabe zur Tumorschmerztherapie
haben jeweils Vor- und Nachteile. Beispielsweise lässt sich durch eine
intrathekale Schmerzmittelverabreichung eine schnellere Wirkung erzielen als
durch eine epidurale Injektion. Dahingegen besteht bei der epiduralen Gabe der
Vorteil, gezielt bestimmte Rückenmarksegmente und die damit verbundenen
Körperregionen erreichen zu können. Das ist bei der intrathekalen
Medikamentenverabreichung nicht so genau möglich (die Schmerzmittel "schwimmen"
dabei im Nervenwasser und werden mit diesem in gewissem Umfang verteilt).
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Geringer Dosierung der Medikamente notwendig
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Ein weiterer Vorteil der intrathekalen Tumorschmerztherapie besteht darin,
dass im Vergleich zur epiduralen Form geringere Schmerzmittelmengen notwendig
sind, um eine zufrieden stellende Schmerlinderung zu erzielen. Allerdings besteht
bei Verwendung lokaler Betäubungsmittel ein höheres Risiko von
Bewegungsstörungen.
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Bei Langzeittherapie für beide Formen spezifische Risiken
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Für beide Verabreichungsformen gibt es bei der Durchführung einer
Langzeittherapie spezifische Risiken. Und zwar kann es bei der epiduralen
Therapieform nach einigen Wochen oder Monaten zu einer vermehrten Bildung von
faserigem Bindegewebe im Epiduralraum kommen (Fibrose). Das wiederum
beeinträchtigt die Medikamentenverteilung und die Medikamentenaufnahme in das
Gewebe. Diese Beeinträchtigungen haben wiederum ein Nachlassen der
Schmerzmittelwirksamkeit zur Folge.
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Bei der intrathekalen Tumorschmerztherapie besteht hingegen ein gewisses
Risiko für eine Entzündung der Spinngewebshaut (Arachnoiditis). Das macht sich
für den Krebspatienten in erster Linie in Form von Schmerzen bei der
Medikamenteninjektion bemerkbar.
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