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Einführung: Bedeutung, Häufigkeit und Intensität von Tumorschmerzen
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Angst vor Schmerzen ist groß
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Für Menschen, die an Krebs erkranken, sind Schmerzen häufig das am stärksten
belastende und das am meisten gefürchtete Symptom einer Krebserkrankung. Viele
Menschen verbinden mit der Diagnose Krebs die Vorstellung, unter immer stärker
werdenden, eventuell sogar unerträglichen Schmerzen leiden zu müssen. Diese
Ängste sind verständlich.
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Möglichkeiten der Behandlung sind vielfältig
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Die Befürchtungen sind berechtigt, weil durch das Wachstum eines
bösartigen Tumors häufig starke Schmerzen entstehen. Auf der anderen Seite
aber gibt es heute Möglichkeiten der Schmerztherapie und der
Palliativmedizin, die die
Schmerzen von Tumorpatienten effektiv lindern und auch andere
Begleitsymptome wirkungsvoll behandeln können. Das gilt auch für Patienten,
deren Tumorerkrankung nicht mehr heilbar ist. |
Faktoren, die Schmerzen beeinflussen
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Schmerzen sind nicht nur eine rein körperliche Wahrnehmung. Das Empfinden
starker Schmerzen ist ein komplexes körperlich-seelisches
(psychosomatisches) Ereignis, das durch verschiedene Aspekte beeinflusst
wird. Dazu gehören unter anderem:
- physikalische Faktoren (zum Beispiel Wärme und Kälte)
- psychologische Aspekte (unter anderem persönliche Einstellung
gegenüber dem eigenen Körper und dem gesamten Leben beziehungsweise dem
Sterben)
- soziale Faktoren (beispielsweise Einbindung in die Familie, den
Freundeskreis und andere soziale Gruppen)
- religiöse Einstellungen beziehungsweise spirituelle Einstellungen (zum Beispiel Erleichterung der
Schmerzbewältigung durch religiöse bzw. spirituelle Überzeugungen oder durch den Trost,
der sich aus dem Glauben bzw. der Spiritualität ergibt)
Zusätzlich können ungünstige Umstände oder Krankheitsfolgen wie
etwa Depressionen, Ängste, Sorgen und Ärger, Einsamkeit, Abhängigkeit von
anderen Menschen oder Traurigkeit die Tumorschmerzen und das dadurch
entstehende Leiden weiter verstärken.
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Schmerzen dürfen nicht nur "medizinisch" betrachtet und behandelt werden
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Diese vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Schmerzen und äußeren
Umständen lassen sich gut nachvollziehen wenn man sich anschaulich vor Augen
führt, wie beispielsweise bereits "normale" Kopfschmerzen durch Wärme
verstärkt oder durch eine ruhige und angenehme Umgebung gelindert werden
können. Für schwer kranke Tumorpatienten und deren ärztliche und
pflegerische Betreuer ist es deshalb wichtig, nicht nur die rein
"medizinische Seite" der Schmerzen zu sehen und zu behandeln. Vielmehr muss
jeder Betroffene mit allen seinen Vorlieben und Abneigungen sowie mit allen
seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt aller Betreuungs- und
Begleitungsbemühungen stehen.
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Weitere Möglichkeiten der Schmerzbeeinflussung
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Neben den rein medizinischen und pflegerischen Maßnahmen lassen sich
Schmerzen unter anderem durch folgende Aspekte erträglicher machen:
- bewusste Gestaltung des Krankenzimmers (angenehme Temperatur,
beruhigende Farben, schöne Aussicht, Dekoration mit persönlichen Dingen)
- Anbieten von Gesprächen über wichtige Themen wie "Sterben" und "Tod"
aber auch über Alltägliches und Heiteres
- Ermöglichung aller Besuche, die der Patient wünscht, nicht nur von
Familienangehörigen, sondern auch von Freunden, Arbeitskollegen etc.
- religiöse bzw. spirituelle Begleitung durch entsprechende Gespräche,
Kontaktvermittlung z.B. zu Geistliche u.a.
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"Total pain" - Schmerz beherrscht alles
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Ein historisch wichtiger Begriff, der in diesem Zusammenhang von der
Krankenschwester, Ärztin und Sozialarbeiterin Cicely Saunders geprägt wurde, ist
die Bezeichnung "total pain" ("totaler Schmerz"). Dabei findet nicht nur der
körperliche Anteil des Schmerzes Berücksichtigung, sondern auch die
Beeinträchtigung anderer Lebensbereiche durch den Tumorschmerz. Cicely Saunders
gilt zudem als Begründerin der modernen Hospizbewegung und der heute
praktizierten Palliativmedizin. Das Zutreffen der Bezeichnung
"total pain" wird
durch zahlreiche Erfahrungsberichte von Krebspatienten untermauert, die
beschreiben, dass ihr ganzes Leben von den Schmerzen beherrscht wird.
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Häufigkeit von Tumorschmerzen
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Die Häufigkeit, mit der Tumorpatienten unter Schmerzen leiden, ist hoch. Es
wird angenommen, dass ungefähr 20 bis 50 Prozent der Betroffenen zum Zeitpunkt
der Krebsdiagnose unter Schmerzen leiden. Bei Fortschreiten der Erkrankung
steigert sich dieser Wert sogar auf 55 bis 95 Prozent (im Durchschnitt
75 Prozent).
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Art des Tumors ist entscheidend
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Allerdings hängt die Wahrscheinlichkeit, unter tumorbedingten
Schmerzen zu leiden, stark von der Art des Tumors ab. Am häufigsten ist bei
bösartigen Tumoren der Speiseröhre, der Bauchspeicheldrüse und der Knochen mit
Schmerzen zu rechnen, außerdem bei der Absiedlung bösartiger Tochtergeschwülste
(Metastasen) in den Knochen. Seltener hingegen treten Tumorschmerzen bei Blut-
und Lymphknotenkrebs auf.
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Intensität von Tumorscherzen
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Häufig berichten Patienten mit einer bösartigen Tumorerkrankung, dass die
Schmerzen im Verlauf der Erkrankung stärker werden. Bei einigen Betroffenen sind
die Schmerzen allerdings bereits zum Zeitpunkt der Diagnosestellung sehr stark.
Bei einer Studie zum Thema Tumorschmerzen gaben 40 bis 50 Prozent der
Befragten, die unter einer fortgeschrittenen Tumorerkrankung litten, mäßige bis
starke Schmerzen an. 25 bis 30 Prozent dieser Krebskranken beschrieben die
Schmerzen sogar als sehr stark bis maximal vorstellbar.
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Schmerz durch Größenwachstum des Tumors
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Meistens treten die
Schmerzen in denjenigen Körperregionen auf, in denen ein bösartiger Tumor wächst
und an Größe zunimmt. Allerdings ist das Empfinden von Schmerzen auch weit
entfernt von der Stelle des Tumorwachstums möglich. Außerdem können
Tumorpatienten natürlich auch unter ganz "alltäglichen" Schmerzen wie Kopf-
oder Rückenschmerzen leiden. Das sollten Ärzte und Betreuer nicht vergessen.
Auch diese Schmerzen müssen gelindert werden.
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Schmerzattacken
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Schmerzen, die bei einer bösartiger Tumorerkrankungen auftreten, sind meist
dauerhaft vorhanden und weisen nur selten Pausen auf. Bei den dauerhaften
Schmerzen wiederum handelt es sich ungefähr jeweils zur Hälfte um konstant
starke Schmerzen oder um solche, die in ihrer Intensität schwanken. Patienten,
deren Schmerzen Intensitätsschwankungen aufweisen, berichten häufig von
Schmerzattacken mit plötzlichem Auftreten sehr ausgeprägter Beschwerden.
Derartige Schmerzattacken werden folgendermaßen unterteilt:
- sogenannte Durchbruchschmerzen, die sich trotz einer regelmäßig
verabreichten Schmerzmedikation bemerkbar machen
- belastungsbedingte Schmerzen bei außergewöhnlichen Anstrengungen,
Stress oder anderen ungewöhnlichen Umständen
- zufällig und nicht vorhersehbar auftretende Schmerzattacken
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