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Tumorschmerzsyndrome: Durchblutungsschmerzen
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Schmerzen entstehen durch mangelnde Durchblutung
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Durchblutungsschmerzen oder Ischämieschmerzen entstehen durch eine Störung der Durchblutung. Man kann
sich diese Schmerzen wie ein sehr starkes, schmerzhaftes "Einschlafen" von
Körperteilen vorstellen. Eine Durchblutungsstörung kommt bei Krebspatienten
meist durch ein voranschreitendes Tumorwachstum zustande: Ein wachsender Tumor
kann beispielsweise in ein Blutgefäß hineinwachsen oder es von außen einengen.
In beiden Fällen ist der Blutfluss in der entsprechenden Arterie gestört und im
Versorgungsgebiet der Arterie entsteht eine Mangelversorgung.
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Schmerzen anfangs nur bei Bewegung - später auch in Ruhe
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Die Ischämieschmerzen machen sich meist zunächst nur bei Belastung bemerkbar.
Beispielsweise müssen beim Gehen die Muskeln der Beine stärker durchblutet
werden, um die arbeitende Muskulatur mit sauerstoffreichem Blut zu versorgen.
Bei einer Durchblutungsstörung reicht die Blutversorgung für die arbeitende
Muskulatur dann nicht mehr aus – es entstehen Schmerzen. Bei weiter
fortgeschrittenen Durchblutungsbeeinträchtigungen kann es dazu kommen, dass die
Blutversorgung bereits im Ruhezustand nicht mehr ausreichend ist. Dann treten
auch ohne körperliche Anstrengung Schmerzen auf.
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Bei belastungsabhängigen Schmerzen auch an Ischämie denken
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Kommt es bei einem Krebspatienten zu belastungsabhängigen Schmerzen,
sollte ein Arzt auch an das Vorliegen von Ischämieschmerzen denken. Um diese
Verdachtsdiagnose zu bestätigen, gibt zunächst eine einfache körperliche
Untersuchung erste Hinweise. Dazu gehört unter anderem das Fühlen des Pulses an
verschiedenen Körperstellen (Armbeuge, Handgelenk, Kniekehle, Fußrücken,
Fußknöchel). Ein abgeschwächter oder nicht tastbarer Pulsschlag kann ein Zeichen
für eine Durchblutungsstörung sein.
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Lagerungsprobe nach Ratschow
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Außerdem ist die Durchführung der sogenannten Lagerungsprobe nach Ratschow
aufschlussreich. Dazu liegt der Patient zunächst auf dem Rücken und streckt die
Beine nach oben. Reicht die eigene Kraft dazu nicht aus, kann eine Hilfsperson
die Beine abstützen. In dieser Position kreist der Patient seine Füße im
Sprunggelenk. Durch die Hochlagerung der Füße und die kreisenden Bewegungen
fließt das Blut aus den Füßen ab. Nach ungefähr 2 Minuten richtet sich der
Patient rasch auf und lässt die Füße herabbaumeln. Der Untersucher misst dann
die Zeit, bis es durch das Zurückfließen des Blutes in die Füße zu einer
leichten Rötung der Füße kommt. Außerdem wird die Zeit gestoppt, nach der sich
die Venen auf dem Fußrücken wieder sichtbar mit Blut gefüllt haben.
Normalerweise kommt es nach ungefähr 5 Sekunden zu einer Rötung der Füße und
nach circa 20 Sekunden zu einer sichtbaren Füllung der Fußvenen. Dauern diese
Vorgänge länger, ist das als Hinweis auf eine Durchblutungsstörung zu werten.
Aber auch das Auftreten von Schmerzen während des Kreisens der Füße oder eine
starke Abblassung der Füße in der erhobenen Position deutet bereits auf eine
eingeschränkte Durchblutung hin.
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Bildgebende Verfahren festigen die Diagnose
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Ergeben sich durch die Pulstastung und die Lagerungsprobe nach Ratschow
diagnostische Hinweise auf eine Durchblutungsstörung, kann eine weiterführende,
apparative Diagnostik erfolgen. Diese besteht häufig in einer Angiografie, das
heißt in einer Röntgendarstellung der Venen nach Einspritzen von Kontrastmittel.
Lässt sich auf diese Weise eine Arterieneinengung feststellen, kommen eventuell
weitere bildgebende Verfahren zum Einsatz. Beispielsweise kann man mittels einer
Kernspintomografie das Weichteilgewebe darstellen und auf diese Weise erkennen,
ob ein Tumor der Grund für die Arterienverengung ist. Nach Auswertung aller
Befunde ist im Einzelfall eine Operation zur Durchblutungsverbesserung in
Erwägung zu ziehen (beispielsweise Einsetzen eines Stents oder chirurgische
Tumorverkleinerung).
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Operationen und Medikamente
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Eine Operation würde eine ursächliche Art der Schmerztherapie darstellen.
Schwer kranken Tumorpatienten ist ein chirurgischer Eingriff jedoch häufig nicht
zuzumuten. Und auch bei Patienten mit eingeschränkter Lebenserwartung ist von
einer Operation eher Abstand zu nehmen. In diesen Fällen stehen die
Möglichkeiten der symptomatischen Schmerztherapie zur Verfügung. Dabei werden
die Schmerzen gelindert, ohne deren Ursache zu beseitigen. Bei Ischämieschmerzen
kommen dafür unter anderem Schmerzmittel infrage (vgl. "Medikamentöse
Tumorschmerztherapie"). Bei dieser Art von Schmerzen sind aber auch
Sympathikusblockaden und
neuroläsionelle
Verfahren (vgl. "Invasive Tumorschmerztherapie") am sympathischen Nervensystem
hilfreich.
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