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Spinales Kompressionssyndrom bei Palliativpatienten
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Definition, Bedeutung und Ursachen
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Bei einem spinalen Kompressionssyndrom kommt es zu einer Quetschung (Kompression) des Rückenmarks.
Eine häufige Ursache ist eine Einengung im Rückenmarkkanal, eine Spinalkanalstenose.
Umfangreiche Informationen zum spinalen Kompressionssydrom und zur
Spinalkanalstenose finden Sie bei MedizInfo®Rückenleiden:
Spinalkanalstenose. |
Das Rückenmark wird gequetscht
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Bei Palliativpatienten stehen häufig bestimmte Ursachen im Vordergrund, meistens
tritt ein spinales Kompressionssyndrom in Verbindung mit einer bösartigen
Tumorerkrankung auf. Die häufigste Ursache in diesem Zusammenhang ist die Bildung
von Tochtergeschwülsten (Metastasen) des bösartigen Tumors in den Wirbelknochen.
Das führt zur Zerstörung der Wirbelknochen und zu einer Kompression des
benachbarten Rückenmarks. Besonders häufig werden derartige Tochtergeschwülste
bei bösartigen Lungentumoren (Bronchialkarzinome) und bösartigen Tumoren der
weichlichen Brust (Mammakarzinome) beobachtet. Meistens
ist die Tumorerkrankung bereits bekannt. In seltenen Fällen ist es
jedoch auch möglich, dass die Beschwerden durch ein spinales Kompressionssyndrom
der erste Hinweis auf das Vorliegen einer bösartigen Tumorerkrankung sind. |
Information ist entscheidend
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Es ist sehr wichtig, die Symptome, die durch ein spinales
Kompressionssyndrom entstehen, schnell zu erkennen. Nur auf diese Weise ist es
möglich, rechtzeitig eine entsprechende Therapie einzuleiten, bevor es zu einer
nicht mehr rückgängig zu machenden Querschnittlähmung kommt. Darum ist es
wichtig, dass Menschen mit Lungen- oder Brustkrebs über ein solchen spinales
Kompressionssyndrom informiert werden. Auf
diese Weise sind Betroffene in der Lage, ein spinales Kompressionssyndrom
bereits im Anfangsstadium zu erkennen und frühzeitig einen Arzt aufzusuchen.
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Häufigkeit
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Häufig bei Palliativpatienten
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Spinale Kompressionssyndrome spielen im Bereich der
Palliativmedizin eine wichtige Rolle: Bei ungefähr 5 bis 10 Prozent aller
Patienten mit einer bösartigen Tumorerkrankung entwickeln sich im Verlauf
Tochtergeschwülste im Bereich der Wirbelsäule. Von diesen Tochtergeschwülsten
wächst der Großteil, nämlich circa 85 Prozent, direkt in den Wirbelknochen. Die
anderen Tochtergeschwülste breiten sich im Bereich der benachbarten Weichteile,
unmittelbar neben dem Rückenmark oder (selten) direkt im Rückenmark selbst aus.
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BWS am häufigsten betroffen
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Unter den Tochtergeschwülsten, die in den Wirbelknochen wachsen, machen
diejenigen im Bereich der Brustwirbelsäule mit einer Häufigkeit von ungefähr
70 Prozent den größten Anteil aus, gefolgt von Tochtergeschwülsten im Bereich
der Lendenwirbelsäule (etwa 20 Prozent) und der Halswirbelsäule (circa
10 Prozent).
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Therapie
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Sofortige Operation
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Kommt es bei einem Palliativpatienten mit einer bösartigen
Tumorerkrankung aufgrund eines spinalen Kompressionssyndroms zu einer Lähmung
beider Beine, so ist das unbedingt als Notfall zu sehen. Auf
diesen muss unmittelbar reagiert werden, und zwar in Form einer sofortigen
Operation. Diese sollte am besten innerhalb der ersten 6 Stunden nach Einsetzen
der Lähmungen eingeleitet werden, spätestens jedoch innerhalb der ersten
24 Stunden. Im Rahmen der Operation wird das Rückenmark dekomprimiert, das heißt
der Druck auf das Rückenmark wird vermindert oder aufgehoben.
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Nutzen abwägen
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Eine Operation sollte nur dann durchgeführt werden,
wenn der Patient einen Nutzen davon hat. Zudem sollte die Belastung durch den
Eingriff den Nutzen für den Patienten nicht übersteigen. Bei einem bereits
bettlägerigen Palliativpatienten mit einer Lebenserwartung von nur noch wenigen
Tagen würde man beispielsweise von einer Operation eher Abstand nehmen. Außerdem
sollte sich der Gesamtzustand des Patienten durch den Eingriff verbessern. Dies
bezieht sich nicht nur auf die Situation an der Wirbelsäule und die
Bewegungsstörungen beziehungsweise Lähmungen, sondern unter anderem auch auf
eine Besserung der Schmerzen und ein Wiedererlangen der Kontrolle über die
Blasenfunktion. Auch eine bessere pflegerische Versorgung nach der Operation
kann eine positive Auswirkung des Eingriffs sein. Beispielsweise sind
pflegerische Maßnahmen wie Waschen, Drehen im Bett und Bewegungsübungen für den
Patienten deutlich angenehmer, wenn er dabei keine Rückenschmerzen oder
Schmerzen in anderen Körperregionen hat. |
Wann nicht operiert werden sollten
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Eine Operation ist in der Regel dann nicht sinnvoll, wenn
- die Lebenserwartung des Patienten weniger als 3 Monate beträgt.
- 3 oder mehr Wirbelkörper vom Wachstum von Tochtergeschwülsten betroffen
sind.
- eine Querschnittlähmung der Beine für bereits mehr als 6 Stunden
besteht.
- der Patient unter schweren Begleiterkrankungen leidet, die seine
Operationsfähigkeit einschränken (beispielsweise ausgeprägte
Herzschwäche oder
chronisch-obstruktive Lungenerkrankung mit
Atemschwierigkeiten und schlechter Sauerstoffversorgung des Körpers).
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Alternativen
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Ist eine Operation nicht sinnvoll oder nicht möglich, stehen
alternative Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung:
- Kortisontherapie
- Strahlentherapie
- Chemotherapie
- Vermeidung von Stürzen
- Linderung von Beschwerden
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Prognose
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Lähmung
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Die Möglichkeit der Beseitigung von Bewegungsstörungen und
Lähmungen beziehungsweise das Wiedererlangen der Gehfähigkeit hängt unter
anderem vom raschen Beginn der Operation nach Einsetzen der Lähmungen ab.
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Gehfähigkeit
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Von Bedeutung ist auch die Gehfähigkeit des Patienten vor der Operation: War der
Patient vor dem Eingriff in der Lage zu laufen, so wird er dies mit einer
Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent nach der Operation auch wieder können. Bei
vorab bereits querschnittgelähmten Patienten lässt sich durch die Operation
jedoch lediglich in weniger als 10 Prozent der Fälle wieder eine Gehfähigkeit
erreichen. Bei ihnen kann eine Operation jedoch dennoch sinnvoll sein, um andere
Beschwerden, insbesondere Schmerzen, zu lindern. |
Überlebenszeit
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Ist es zu einem spinalen Kompressionssyndrom gekommen, beträgt
die statistisch gemittelte Überlebenszeit noch ungefähr 6 Monate. Da es sich
dabei jedoch lediglich um einen statistischen Mittelwert handelt, der keine
Aussage bezüglich des Krankheitsverlaufs eines einzelnen Patienten zulässt,
können die Aussichten für den individuellen Patienten unter Umständen erheblich
besser sein.
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