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Deutscher Schmerztag 2003
13. - 15. März in Frankfurt |
Pressemitteilung Nr. 3 12. März 2003 |
Sterben daheim
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Jährlich sterben in Deutschland über 500.000 Menschen in Kliniken,
fast 170.000 in Alten- und Pflegeheimen. Das Sterben zu Hause sieht die medizinische
Regelversorgung nicht vor. Dass es auch anders ginge, beweist das Wiesbadener
"Netzwerk Palliativmedizin".
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"Es gibt in Deutschland keine medizinische Kultur, die sterbenden
Menschen beisteht", mahnt auf dem Deutschen Schmerztag 2003 Dr. med. Thomas Nolte,
Vizepräsident des Schmerztherapeutischen Kolloquiums Deutsche Schmerzgesellschaft e.V.
Viele todkranke Menschen werden zu lange in Krankenhäusern behandelt, obwohl ihnen nicht
mehr geholfen werden kann. Sie leiden unnötig an Übelkeit, Müdigkeit, Verstopfung, sind
voller Angst und sterben häufig unter unwürdigen Umständen, mit Schmerzen oder unter
Atemnot. |
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Es fehlt ein Versorgungskonzept, das todkranken Menschen das Sterben
zuhause ermöglicht. "Es existieren keine abgestuften interdisziplinären Pläne. Der
Hausbesuch wird von den Kassen bezahlt, doch die 24-Stunden-Verfügbarkeit eines
Palliativteams aus speziell ausgebildeten Fachärzten nicht", kritisiert Nolte. Der
behandelnde Hausarzt müsste zur Betreuung todkranker Patienten interdisziplinäre
Arbeitsbündnisse mit Therapeuten und Pflegekräften schließen. Doch für solche
Bündnisse stehen keine finanziellen Ressourcen bereit. "Diese gibt es nur für
Modellprojekte", bedauert der Wiesbadener Schmerztherapeut. Da sie im Konzept nicht
vorgesehen sind, fehlen auch entsprechend ausgebildete Fachkräfte. Zwar können sich seit
einigen Jahren Ärzte, Pflegekräfte sowie Laien in der Versorgung Sterbender fortbilden.
Doch das Angebot ist bei weitem nicht ausreichend. Ärzte und Pflegekräfte, die sich in
Palliativmedizin fortbilden wollen, stehen alleine beim Schmerztherapeutischen Kolloquium
Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. bereits bis Ende 2004 auf der Warteliste. |
Kooperation bringt neue Ideen.
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Um die Lücken in der Versorgung Sterbender und ihrer Angehörigen zu
schließen, haben sich in Wiesbaden die bestehenden Einrichtungen zu einem Netzwerk
zusammengeschlossen. Dazu gehören zwei ambulante Hospizinitiativen, "Auxilium"
und "Advena", die Laienhelfer im Umgang mit Sterbenden und ihren Angehörigen
ausbilden und Betroffene psychologisch betreuen. In dem stationären Hospiz
"Advena" mit 16 Betten werden Patienten mit pflegerisch schwierigen Problemen
rund um die Uhr betreut. Das Schmerzzentrum Wiesbaden, das mit einer Palliativmedizinerin
und den Hausärzten zusammenarbeitet, gewährleistet die lückenlose ärztliche Betreuung
dieser Patienten. Das Kinderhospiz "Bärenherz" unterstützt schwerkranke Kinder
und ihre Eltern, damit sie auch die letzte Zeit noch miteinander zuhause verbringen
können. Das Schmerztherapeutische Kolloquium Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. hat
gemeinsam mit diesen Einrichtungen neue Strukturen erarbeitet und zum Teil bereits
umgesetzt. Im Qualitätszirkel Palliativmedizin treffen sich sechs mal pro Jahr Ärzte,
Pflegende, Psychoonkologen, Holpizmitarbeiter und helfer, sowie ein Apotheker, um die
ambulante Versorgung todkranker Menschen im Raum Wiesbaden zu verbessern. Die Teilnehmer
des Netzwerks haben ein Palliativtelefon eingerichtet, das sieben Tage in der Woche rund
um die Uhr mit geschulten Hospizmitarbeitern besetzt ist. "Wir haben auch einen
sogenannten Überleitungsbogen entworfen", weiß Nolte. Dieses Formular soll helfen,
die hausärztliche Versorgung von Menschen in der Lebensendphase rechtzeitig zu planen.
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Fortbildungskurse sind gefragt.
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"Wir brauchen im ambulanten Bereich eine überprüfbare Qualifikation
für Ärzte und Pflegepersonal", fordert Nolte. Darum bietet das
Schmerztherapeutische Kolloquium seit November 2002 eine spezielle Weiterbildung für
Ärzte und Pflegekräfte auf dem Gebiet der Palliativmedizin an. In drei bis vier
Wochenblöcken lernen die Teilnehmer, mit den typischen Symptomen sterbender Menschen
umzugehen. Dazu gehören vor allem Todesangst, Depressionen, Verwirrtheit und
Magen-Darm-Störungen. Auch ethische Fragen wie Sterbehilfe werden thematisiert. Das erste
"Curriculum Palliativmedizin" war sofort ausgebucht. Hundert weitere Ärzte
stehen bereits auf der Warteliste. "Jeden Tag kommen vier bis fünf neue Anmeldungen
aus ganz Deutschland hinzu", freut sich Nolte. Diese Fortbildung ist Teil eines
ganzen Fortbildungspakets. Mit dem "Schwerpunkt Palliativmedizin" schlägt das
Schmerztherapeutische Kolloquium genaue Richtlinien vor, anhand derer Ärzte und
Pflegepersonal ihre palliativmedizinische Kompetenz belegen sollen. Dazu gehören:
- Die Qualifikation "Schwerpunkt Schmerztherapie" nach den Richtlinien des
Schmerztherapeutischen Kolloquiums/Deutsche Gesellschaft für Algesiologie, oder die
Zusatzbezeichnung "Spezielle Schmerztherapie", oder die Teilnahme an der
Schmerztherapievereinbarung der Kassenärztlichen Vereinigung
- Die Teilnahme an einem "Curriculum Palliativmedizin" oder einem
"Palliative Care-Kurs" von 120 Stunden nach den Kriterien der Deutschen
Gesellschaft für Palliativmedizin, oder eine regelmäßige Tätigkeit über zwei Jahre
auf einer Palliativstation oder in einem Hospiz
- Der Nachweis der Qualifikation "Psychosomatische Grundversorgung"
- Die regelmäßige Teilnahme an mindestens vier jährlichen "Qualitätszirkeln
Palliativmedizin"
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