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Geschichtlicher Hintergrund der psychosomatischen Medizin und verschiedene Sichtweisen
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Körper und Seele wurde im Mittelalter strikt getrennt
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Die Grundlagen der psychosomatischen Medizin gehen schon auf den griechischen
Arzt Hippokrates zurück, der vom Zusammenhang von Psyche und Körper überzeugt
war und in seiner Therapie beides gleichermaßen berücksichtigte. Dieses
Verständnis änderte sich im Mittelalter, als die Kirche die strikte Trennung von
Leib und Seele vertrat. Ab dem 17. Jahrhundert wurden Krankheiten als
chemisch-physikalisch bedingte Veränderungen der Körpersäfte und -zellen angesehen und es entwickelte sich allmählich die naturwissenschaftliche
Forschung in der Medizin. Diese einseitige Betonung der körperlichen Faktoren
setzte sich bis Ende des 19. Jahrhunderts fort. Erst Sigmund Freud wies
der Psyche in der Entstehung von körperlichen Störungen wieder größere Bedeutung
zu, indem er darauf hinwies, dass psychische Erregung, die nicht adäquat
verarbeitet werden kann, in einen Körperteil überspringt, also umgewandelt wird
(Konversion) in eine körperliche Störung. |
Moderne Psychosomatik geht zurück auf Franz Alexander
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Die Entwicklung der Psychosomatik als eigenständige Disziplin
geht im 20. Jahrhundert vor allem auf den Psychoanalytiker Franz Alexander
zurück. Er ging davon aus, dass bestimmte Krankheiten aus fest umrissenen
psychischen Ursachen heraus entstehen. So benannte er sieben klassische
psychosomatische Krankheiten
Bluthochdruck,
Bronchialasthma,
Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre, die
chronische Dickdarmentzündung
Colitis ulcerosa,
rheumatoide Arthritis,
Neurodermitis und
Schilddrüsenüberfunktion. Später zeigte sich dass diese
Theorie so nicht zu halten war, da neuere Erkenntnisse in der Medizin zeigten,
dass einige der genannten Erkrankungen andere Ursachen haben. Beispielsweise
wurde entdeckt, dass das Bakterium
Helicobacter pylori verantwortlich für einen
Großteil der Magengeschwüre ist. Auch für Schilddrüsenüberfunktion und
rheumatoide Arthritis wurden andere Ursachen festgemacht.
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Biopsychosoziales Modell von George Engel
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1977 stellte George Engel, ein amerikanischer Arzt und
Psychoanalytiker sein biopsychosoziales Krankheitsmodell vor, nach dem sich
Körper, Psyche und soziale Umwelt wechselseitig beeinflussen. In Deutschland war
es insbesondere Thure v. Uexküll, der die Psychosomatik
etablierte und ein ganzheitliches Prinzip in der Psychosomatik vertrat.
Dieses ganzheitliche Krankheitsverständnis stellt heute die Grundlage der
modernen Psychosomatik dar. Es besagt, dass unter psychischen und psychosozialen
Überbelastungen jeder Mensch körperlich erkranken kann. Bestimmte Belastungen
führen jedoch nicht bei allen Menschen zu denselben körperlichen
Krankheitszeichen, sondern dieselben Belastungsfaktoren können sich in völlig
unterschiedlichen Störungen auswirken. Ebenso ist es umgekehrt möglich, dass
unterschiedliche Stresssituationen dieselbe Krankheit auslösen. Allmählich
gelangte man in der Psychosomatischen Medizin zu der Erkenntnis, dass es ein
spezielles psychosomatisches Leiden das nur aus einem speziellen
Persönlichkeitsmerkmal oder einer ganz bestimmten Konfliktsituation entsteht,
nicht gibt, sondern dass eine Vielzahl von Erkrankungen in Verbindung mit
psychosozialen Konfliktsituationen zu sehen sind. Dazu zählen
Schwankschwindel,
Schmerzerkrankungen wie Spannungskopfschmerzen oder
Fibromyalgie,
Essstörungen,
Tinnitus,
Herzneurosen und andere mehr.
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Zwei grundlegende Sichtweisen
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Im Laufe der Zeit haben sich in der psychosomatischen Medizin
zwei grundlegende Sichtweisen und Schulen herausgebildet:
- Eine vorzugsweise psychoanalytisch ausgerichtete Psychosomatik:
Die psychosomatische Krankheit ist Ausdruck eines nicht erkannten und
entsprechend verarbeiteten Konflikts.
- Eine verhaltenstherapeutisch ausgerichtete Psychosomatik: Die psychosomatische Störung wird gesehen als
persönliche körperliche Schwachstelle, die sich verschlimmert und
verfestigt durch Verknüpfung und Lernen unphysiologischen Verhaltens.
Seit einiger Zeit scheint sich in der Behandlung eine Integration der beiden Konzepte
zu entwickeln.
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Psychoneuro-
immunologie
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Die enge Verzahnung zwischen psychischen Vorgängen,
Nervensystem und Immunsystem wird seit den siebziger Jahren des vergangenen
Jahrhunderts im Forschungsgebiet der Psychoneuroimmunologie untersucht.
Es wurde herausgefunden, dass Botenstoffe des Nervensystems auf das Immunsystem
und umgekehrt Botenstoffe des Immunsystems auf das Nervensystem wirken. Durch
die Kenntnis dieser Vorgänge kann nach und nach erklärt werden, warum
psychologische Prozesse sich auf körperliche Funktionen auswirken und Stress die
Vorgänge des Immunsystems beeinflussen kann. In diesem Kontext wird auch ein
Zusammenhang zwischen einer durch psychischen Stress hervorgerufenen Schwächung
des Immunsystems und dem Auftreten von Krebserkrankungen gesehen.
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