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Hyperthyreose - Überfunktion der Schilddrüse
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Formen
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Zu viele Hormone der Schilddrüse bewirken einen gesteigerten
Stoffwechsel
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Bei
der Hyperthyreose werden mehr Schilddrüsenhormone
produziert, als der Körper braucht. Die Folge ist ein gesteigerter Stoffwechsel des
Organismus. Die Ursachen für die Überproduktion können verschiedene Krankheitsprozesse
sein. Man unterscheidet in der Praxis, je nach Ursache, verschiedene Formen der
Hyperthyreose:
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Die Unterscheidung, warum zuviel Hormone produziert werden, sind
wegweisend für die verschiedenen Formen der Hyperthyreose
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- Immunogene Hyperthyreose, besonders Morbus Basedow. Die
Hyperthyreose wird durch Antikörper, die gegen das eigene
Schilddrüsengewebe gerichtet sind, verursacht. Dieses Krankheitsbild
gehört zu den sogenannten
Autoimmunerkrankungen.
- Hyperthyreose bei anderen Entzündungen der Schilddrüse, z. B.
subakute Thyroiditis de Quervain
oder StrahlenThyroiditis , einer selten auftretenden Entzündung der
Schilddrüse nach einer Strahlentherapie.
- Hyperthyreose als Folge einer funktionellen
Autonomie. Häufigste Ursache der Schilddrüsenautonomie ist zunächst ein
Jodmangel, der dann zu einem Wachstum der Schilddrüse mit knotigen
Veränderungen führt. Bei dieser Form der Hyperthyreose fehlt die
Augensymptomatik. Das kann ein wichtiger Unterscheidungspunkt für die
Diagnostik sein. Bei der funktionellen Autonomie werden unifokale (=ein
Herd, z. B. autonomes Adenom, heißer Knoten), multifokale (=mehrere
Herde) und disseminierte (=verstreut liegend) Formen unterschieden.
- Hyperthyreose durch ein Überangebot an TSH und TSH-ähnlichen
Substanzen. TSH ist ein Hormon der Hypophyse, das die Produktion der
Schilddrüse anregt. Eine TSH- produzierende Wucherung der Hypophyse (Hypophysenadenom)
kann die Ursache sein.
- Hyperthyreose aufgrund von Neoplasien. Neoplasien sind Neubildungen
von Gewebe. Das bedeutet, die Fehlfunktion der Schilddrüse wird durch
Adenome (gutartige Wucherung von Epithelgewebe in der Drüse, die aber
auch bösartig werden kann) oder Karzinome (bösartige Wucherung von
Epithelgewebe) hervorgerufen.
- Hyperthyreosen, die durch die äußere Zufuhr von Schilddrüsenhormonen
entstanden sind, z. B. Hyperthyreosis factitia.
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Häufigkeit
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Ältere Menschen - insbesondere Frauen - sind häufiger betroffen
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Wie
häufig die Hyperthyreose vorkommt, ist regional sehr unterschiedlich. In der BRD sind
immerhin 2,9 bis 6.3 Prozent der 60 bis 80jährigen Frauen betroffen. Die Häufigkeit der
Erkrankung nimmt im Alter zu. Bei Kindern kommt eine Hyperthyreose nur sehr selten vor.
Die Hyperthyreose ist die zweithäufigste Erkrankung der Schilddrüse.
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Die Art der Hyperthyreose entscheidet über die richtige Therapie
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Bei
den auftretenden Hyperthyreosen sind bis zu 65-75 Prozent der Erkrankungen auf
Immunthyreoitiden, besonders Morbus Basedow zurückzuführen (siehe
Formen). Immerhin 25-35 Prozent der
Erkrankungen entstehen aufgrund einer funktionellen Autonomie.
Die meisten anderen Formen der Hyperthyreose sind eher selten. Ihr Anteil liegt jeweils
unter einem Prozent der Erkrankungen. Dennoch ist, für eine zielgerichtete Therapie
wichtig festzustellen, welche Form der Hyperthyreose bei einem Betroffenen vorliegt.
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Symptome
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Eine Überfunktion der Schilddrüse wirkt sich auf den gesamten Organismus
aus
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Bei
einer Überfunktion der Schilddrüse kann das Krankheitsbild individuell sehr
unterschiedlich sein. Es gibt praktisch kein Symptom, das nur für die Hyperthyreose
typisch ist, und bei anderen Erkrankungen nicht vorkommen kann. Es können Beschwerden im
Bezug auf einzelne Organe im Vordergrund stehen, oder auch mehrere Organfunktionen
gestört sein. Deshalb ist es im Einzelfall manchmal schwierig, eine Hyperthyreose direkt
zu erkennen. Die Überfunktion der Schilddrüse wirkt sich auf den gesamten Organismus
aus, weil gesteigerte Stoffwechselprozesse überall ihre Wirkung zeigen. Wichtig ist auch,
dass die Schwere der Symptome sehr unterschiedlich ist. Das hängt davon ab, wie hoch die
Hormonwerte über den Normwerten liegen.
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Leitsymptome
bei Hyperthyreose sind vielseitig
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Richtungweisend
kann die Vorgeschichte der Betroffenen sein. Viele klagen über Beschwerden wie:
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allgemeine Unruhe
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Nervosität
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Herzjagen
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Gewichtsabnahme trotz starken Appetits
- Unverträglichkeit von Koffein
-
Erhöhung der Körpertemperatur
-
starkes Schwitzen
-
Hitzeintoleranz
-
häufiger Stuhlgang oft mit
Durchfall verbunden
-
Zyklusstörungen
-
Haarausfall
-
Müdigkeit
-
Muskelschwäche
Bei älteren Menschen beschränken sich
die Symptome häufig nur auf Gewichtsverlust, Kräfteverfall und
Herzrhythmusstörungen, so dass die Erkrankung leicht verkannt werden kann. |
Herzjagen, Zittern, hoher Blutdruck, feuchte Haut, feines Haar und brüchige
Nägel
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Bei
der klinischen Untersuchung durch den Arzt steht die
Tachykardie (Herzjagen) und die überwärmte,
feuchte Haut ganz im Vordergrund. Die
Tachykardie ist oft auch im Schlaf vorhanden. Außerdem Zittern die Betroffenen
häufig am ganzen Körper (Tremor) und sind allgemein unruhig. Bei 70 bis 90
Prozent der Betroffenen kommt es zu einer Vergrößerung der Schilddrüse
(Struma). Der Arzt stellt beim Abhören ein Schwirren über der Schilddrüse
fest. Beim Messen des Blutdrucks ist der zweite Wert erhöht. Man sagt dazu
auch systolischer Hypertonus. Die Haut der
Betroffenen ist warm, samtartig weich und feucht. Sie neigen zum Schwitzen und bevorzugen
kühle Räume und leichte Kleidung. Das Kopfhaar
ist oft seidenweich und fällt in vielen Fällen aus. Die Nägel sind brüchig.
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Es kann zu Masseverlust der Knochen wie bei der Osteoporose kommen
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Die
Bewegungen des Darmes sind erhöht und es besteht die Neigung zu Durchfällen oder häufigem Stuhlgang. Oft sind
auch uncharakteristische Oberbauchbeschwerden zu verzeichnen. Durch einen beschleunigten
Knochenumbau kann es zu Knochenmasseverlusten
kommen. Dadurch ist die
Calciumausscheidung über den Harn erhöht. In Bezug auf das
blutbildende System kann die Hyperthyreose zu einer leichten
Anämie (Blutarmut) führen.
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Schwangere müssen besonders intensiv betreut werden
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Häufig
anzutreffen sind Zyklusstörungen, Libido-
und Potenzprobleme. Die Empfängnisfähigkeit ist herabgesetzt. Während einer
Schwangerschaft gehen die Beschwerden durch die Hyperthyreose häufig zurück. Allerdings
sollten Frauen während der Schwangerschaft unbedingt auf eine intensive Betreuung und
Behandlung achten. Bei unzureichender Behandlung kann es möglicherweise zu Fehlgeburten,
Früh- und Totgeburten kommen. Auch Missbildungen des Kindes werden der Hyperthyreose
angelastet. |
Das Nervensystem kann ebenfalls beteiligt sein
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Der
Gewichtsverlust trotz guten Appetits ist auf einen erhöhten Fettabbau sowie Wasser-
und Eiweißverlust zurückzuführen. Man findet zudem einen niedrigen Cholesterinspiegel. Auch das Nervensystem
kann betroffen sein. Dann zeigen sich oft Unruhe, Schlafstörungen
und ein feinschlägiger Tremor (leichtes Zittern), Ruhe- und Rastlosigkeit. |
Augenbeschwerden
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Zur
Hyperthyreose gehören Augensymptome wie:
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Augenschmerzen
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tränende Augen (wird oft als Glanzauge bezeichnet)
-
Lichtempfindlichkeit
-
Fremdkörpergefühl
- seltener Lidschlag
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Oft, aber nicht immer, bildet sich ein Kropf
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Ein
Kropf, oder Struma, kann ebenfalls vorkommen. Bei ca. 10 bis 20 Prozent der Hyperthyreosen
fehlt die Kropfbildung. |
Morbus Basedow zeigt spezielle Unterschiede
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Beim
Morbus Basedow (vgl. Formen) findet man zusätzlich zu den genannten Symptomen häufig einen
Exophthalmus. Ein Exophthalmus ist ein krankhaftes Hervortreten des Augapfels aus der
Augenhöhle, meistens auf beiden Seiten. Bei ungefähr 30 Prozent der Morbus Basedow
Betroffenen fehlt allerdings diese Symptomatik. Auch andere Zeichen wie
Lidödeme und Augenmuskelbeteiligung mit Doppelbildern gehören zum Bild des Morbus Basedow.
Die Augensymptome bei Morbus Basedow wird auch als endokrine Orbitopathie
bezeichnet.
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Thyreotoxische Krise
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In seltenen
Fällen kann es im Rahmen einer Hyperthyreose zu einer enormen Steigerung der
Schilddrüsenüberfunktion kommen. Man spricht dann von einer thyreotoxischen
Krise. Eine thyreotoxische Krise tritt am häufigsten nach einer vermehrten
Jodaufnahme durch jodhaltige Röntgenkontastmittel (siehe
Diagnostik) auf. Eine solche Krise ist ein
lebensbedrohlicher Zustand. Es kommt dann zu folgenden Symptomen: Fieber bis
41 Grad Celsius, starke Unruhe, deutlich beschleunigter Puls,
Desorientierung bis hin zur Bewusstseinsstörungen und schließlich Koma.
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Diagnostik
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Anamnese, klinische Untersuchung und TSH-Test sind zwingend notwendig
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Wegweisend
ist die Anamnese und die klinische Untersuchung. Mit Hilfe einer Thyreotropin-Bestimmung
(TSH-Bestimmung) wird festgestellt, ob eine Fehlfunktion der Schilddrüse vorliegt. Wird
eine Fehlfunktion festgestellt, erfolgt eine genaue Bestimmung des T3- und
T4-Spiegels. Umfangreiche
Informationen zu
Laboruntersuchungen bei Schilddrüsenerkrankungen finden Sie hier. |
Ultraschall
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Bei jedem Betroffenen mit einer Hyperthyreose, eigentlich bei jeder
Schilddrüsenerkrankung, muss eine Ultraschall-Untersuchung folgen. Diese Untersuchung
erfolgt mit einem speziellen Schallkopf, der über 5 oder noch besser 7.5 MHz verfügt.
Die Untersuchung wird auch oft Sonographie genannt. Dieses Verfahren erlaubt Aussagen zur
Größe der Schilddrüse. Außerdem kann die Beschaffenheit des Gewebes untersucht werden.
Das ist z. B. bei Knoten, Zysten und Verkalkungen wichtig. Auch die Ausdehnung von Knoten
kann genau bestimmt werden. |
Szintigrafie
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Besteht der Verdacht auf eine Autonomie (vgl. Formen
der Hyperthyreose), so muss auch noch eine Schilddrüsenszintigraphie gemacht werden. Die
Szintigraphie ist ein nuklearmedizinisches Verfahren, bei dem radioaktive Jodisotope in
der Schilddrüse sichtbar gemacht werden kann. Deshalb ist dieses Verfahren wichtig, um
ganz genaue Aussagen über die Lage, die Größe und die Form des Schilddrüsengewebes zu
machen, in dem sich die Isotope lagern. Es können so kalte und auch heiße Knoten
sichtbar gemacht werden. Die sogenannten kalten Knoten sind Zellbezirke, die radioaktive
Substanzen nur vermindert speichern. Die heißen Knoten dagegen speichern vermehrt
radioaktive Substanzen und heben sich deshalb vom umgebenden Gewebe ab. Das macht sich in
einem Szintigramm bemerkbar, bei dem diese Substanzen zur Darstellung des
Schilddrüsengewebes gespritzt werden.
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Blutuntersuchung auf Autoantikörper
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Besteht ein Verdacht auf Morbus Basedow, so wird eine
Blutuntersuchung durchgeführt um festzustellen, ob es Autoantikörper im
Körper des Betroffenen gibt, die die Schilddrüse "irrtümlich" angreifen.
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Therapie
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Drei Verfahren
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Es
stehen drei Behandlungsverfahren zur Verfügung:
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Thyreostatische Therapie
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Radiojodtherapie
-
Operative Therapie
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Medikamente
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Thyreostatika
werden zur Therapie der Schilddrüsenüberfunktion eingesetzt. Medikamente dieser Gruppe
unterdrücken die Hormonbildung bzw. die Hormonfreisetzung. Folgende Wirkstoffe können
eingesetzt werden:
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Perchlorat-Ionen = die Aufnahme von Jodid in die
Schilddrüse wird verhindert.
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Thiouracile und Mercaptoimidazol-Derivate = die Umwandlung
von Jodid in Jod und damit der Einbau von Jod in die Vorstufen der Schilddrüsenhormone
wird verhindert.
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Jodid-Ionen und Jod-Kaliumjodid = die Freisetzung von
Schilddrüsenhormonen wird kurzfristig gehemmt.
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Betablocker
bei Herzrasen
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Zu Beginn der Behandlung werden zur Unterdrückung der Symptome Herzrasen und
Zittern häufig auch
Betablocker eingesetzt.
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Die
Therapiedauer ist unterschiedlich
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Die
Dauer der Therapie mit Thyreostatika lässt sich nicht vorhersehen, weil die Wirkung
individuell sehr unterschiedlich ist. In der Regel wird ein Jahr, aber nicht länger als
zwei Jahre behandelt.
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Radiojodtherapie
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Die Radiojodtherapie kann nur in bestimmten Zentren stationär
durchgeführt werden. Die Dauer der Therapie liegt bei 5 bis 10 Tagen. Die Wirkung tritt
erst nach 6-12 Wochen ein. Es müssen Kontrollen durchgeführt werden. Durch die geringe
Anzahl an Therapieplätzen wird die Indikationsstellung zur Radiojodtherapie in
Deutschland sehr eingeschränkt. Bei der Radiojodtherapie wird Schilddrüsengewebe durch
die Strahlung des Radiojods zerstört. Die Effekte dieser Therapie sind irreversibel. Die
Therapie ist kostengünstig und gilt als sicheres Verfahren, ohne Risiken für den
Betroffenen.
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Operationen sind nur unter bestimmten Bedingungen durchführbar
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Ein
operativer Eingriff darf erst vorgenommen werden, wenn der Patient im Vorfeld durch
Medikamente so eingestellt wurde, dass sein Schilddrüsenhormonstoffwechsel normal
(euthyreot) verläuft. Ist die medikamentöse Langzeittherapie erfolglos, wird eine
Operation in Betracht gezogen. Der Vorteil einer Operation besteht darin,
dass der Erfolg
schnell und sicher ist. Der Nachteil besteht in einem allgemeinen Operationsrisiko,
wie z. B. Nachblutungen. Gelegentlich kann es auch zu
einer Unterfunktion der Nebenschilddrüse sowie in einem Rückfall kommen, falls nicht genug
Gewebe entfernt wurde. In seltenen Fällen werden bei einer Operationen die Stimmbänder
geschädigt. Es stehen mehrere operative Verfahren zu Verfügung, die je nach
Situation, eingesetzt werden können. Besonders schonend ist die
minimalinvative Operation, die kaum sichtbare Narben hinterlässt.
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