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Deutscher Schmerzkongress 2001
03. - 07. Oktober in Berlin |
Pressemitteilung Nr. 3 2. Oktober 2001 |
Nicht nur den Schmerz, den ganzen Menschen behandeln
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(Berlin) Auf dem Deutschen Schmerzkongress in Berlin geben Experten
Empfehlungen für die Opioid-Behandlung von starken chronischen Schmerzen, die nicht durch
Tumoren verursacht werden.
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Therapieempfehlungen für Opioide in der Tumortherapie gibt es schon
lange.
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Zur Linderung der Schmerzen von Tumorpatienten existieren bereits seit
vielen Jahren Therapieempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation, der so genannte
Stufenplan. Diesem zufolge sollen leichte Schmerzen mit einfachen Analgetika behandelt
werden. Bestehen die Schmerzen weiter oder nehmen sie zu, sollen zunächst schwach
wirksame, dann stark wirksame Opioide (Morphin und dessen synthetische Abkömmlinge)
eingesetzt werden oft auch in Verbindung mit anderen Medikamenten und
Behandlungsformen. Anders sieht es jedoch bei allen anderen starken chronischen Schmerzen
aus. Zu deren Therapie mit Opioiden fehlen vergleichbare internationale Empfehlungen bis
heute. Der Grund: ein Mangel an wissenschaftlich kontrollierten Studien, die den Nutzen
einer Langzeitbehandlung mit Opioiden bei Nicht-Tumor-Schmerzen eindeutig belegen.
"Bis heute liegen nur vier placebokontrollierte Studien zur kurzfristigen Wirksamkeit
von Opioiden bei chronischen Nicht-Tumor-Schmerzen vor," erklärt Professor Christoph
Stein vom Universitätsklinikum Benjamin Franklin in Berlin. |
Widersprüchliche Forschung über Opioideinsatz bei anderen
Erkankungen.
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Überprüft in solchen wissenschaftlichen Studien haben Ärzte
beispielsweise die Wirksamkeit einer maximal neunwöchigen Opioidbehandlung bei
Weichteilschmerzen, entzündlichen Gelenkerkrankungen
(Osteoarthritis) oder Nervenschmerzen nach einer Herpes-Zoster-Infektion. In allen
Untersuchungen konnten die Schmerzen der Patienten zwar gelindert werden, doch nur bei
zwei Studien analysierten die Ärzte auch den Einfluss der Therapie auf Lebensqualität
und psychosoziale Funktionen. "In allen Studien traten erhebliche unerwünschte
Nebenwirkungen auf, die bei einer signifikanten Zahl von Patienten einen Abbruch der
Behandlung erforderlich machten", so Stein. |
Sucht ist nur selten ein Problem.
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Die Ergebnisse verschiedener Fallberichte und unkontrollierter
Untersuchungen, bei denen die Patienten ausschließlich Opioide erhalten haben, sind
widersprüchlich und führen eher zu der Schlussfolgerung, dass nur ein Teil der Patienten
mit chronischen Nicht-Tumorschmerzen von einer Opioid-Behandlung profitiert.
"Einigkeit besteht offensichtlich nur darin", sagt Stein, "dass durch
Opioidtoleranz, körperliche Abhängigkeit oder Sucht
eher selten Probleme entstehen." |
Es muss immer der ganze Mensch behandelt werden.
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Warum die Ergebnisse einer Opioid-Behandlung so unterschiedlich ausfallen,
dürfte an der Komplexität chronischer Schmerzen liegen, erklärt der Anaesthesiologe.
"Das Gefühl Schmerz ist nicht nur das Symptom einer Gewebeverletzung, sondern wird
auch durch subjektive Erfahrungen, Depressionen,
Emotionen wie Angst und Enttäuschung
sowie soziale Beziehungen und das Gesundheitssystem beeinflusst." Dies bedeutet für
die Behandlung im Klartext, dass nicht nur der Schmerz, sondern stets der ganze Mensch
untersucht und mit einem ganzen Bündel von Therapiestrategien behandelt werden muss
nicht nur mit Medikamenten. |
Empfehlungen wurden ausgearbeitet.
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Darum wollen die Experten auf dem Schmerzkongress jetzt die zukünftige
"Marschrichtung" für den Einsatz von Opioiden beim Nicht-Tumorschmerz vorgeben.
Denn dies ist für die Mehrzahl der Patienten mit chronischen Schmerzen in Deutschland von
großer Bedeutung. Eine Arbeitsgruppe hat Empfehlungen ausgearbeitet, die auf dem Kongress
diskutiert und verabschiedet werden sollen. |
Opioide unter strenger Kontrolle auch bei Nicht-Tumorschmerz
empfohlen.
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Die Essenz dieser Empfehlungen lautet: "Nicht-Tumorschmerz kann als
"ultima ratio" auch mit Opioiden behandelt werden, jedoch nur unter strenger,
regelmäßiger Kontrolle des Therapieerfolgs", erklärt Stein. Als Therapieerfolg
werten die Experten nicht nur die Schmerzlinderung, sondern in erster Linie auch eine
funktionelle Verbesserung des Zustandes der Patienten. Dazu gehören etwa
Leistungsfähigkeit oder die Wiedereingliederung ins Berufs-, Sozial-, und Familienleben.
Wichtig ist darum auch vor allem, dass eine solche Therapie in ein mehrgleisiges,
interdisziplinäres Behandlungs-konzept mit anderen, etwa aktivierenden und
psychologischen Behandlungsstrategien eingebunden ist. |
Starke Schmerzen können wirksam gelindert werden.
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Dann, so vermuten die Experten, könnten etwa Patienten mit starken
Rückenschmerzen, die durch morphologische Schäden und Veränderungen verursacht werden,
sowie Patienten mit schweren chronisch-entzündlichen oder fortgeschrittenen degenerativen
Knochen- und Gelenkserkrankungen von einer solchen
Therapie profitieren. Auch wenn Patienten wegen Erkrankungen von Gehirn, Rückenmark oder
Nervensystem unter Schmerzen leiden, könnten Opioide sinnvoll sein. |
Keine Opioide bei Kopfschmerzen und Migräne.
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Aufgrund des gegenwärtigen Wissensstandes raten die Schmerztherapeuten
hingegen von einer Opioid-Therapie bei allen primären Kopfschmerzen
(etwa Migräne und Spannungskopfschmerz) ab. Ebenso dann, wenn Schmerzen vorwiegend
seelisch bedingt oder durch erhebliche psychologische Faktoren beeinflußt sind. Auch wenn
Nervenschmerzen ausschließlich als Schmerzattacken auftreten, etwa bei einer Trigeminus
Neuralgie, ist eine Opioid-Behandlung nicht sinnvoll. |
Studien zur Langzeitanwendung sind erforderlich.
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Allerdings betont Stein, dass "ein dringender Bedarf an
wissenschaftlichen Studien zur mehrmonatigen Langzeitanwendung von Opioiden in Verbindung
mit anderen Therapiestrategien bei Nicht-Tumor-Schmerzen besteht." In diesen müsse
nicht nur die Schmerzlinderung, sondern auch die Reduzierung von Leiden, Depression, die
funktionale Verbesserung, soziale Wiedereingliederung sowie die Abnahme der Nutzung des
Gesundheitssystems infolge der Behandlung überprüft werden. |
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Rückfragen an:
Prof. Dr. med. Ch. Stein
Klinik für Anaesthesiologie und Operative Intensivmedizin
Freie Universität Berlin, Klinkum Benjamin Franklin
Hindenburgdamm 30 12200 Berlin
Tel.: 030-8445-2731
Fax: 030-8445-4469
e-mail: christoph.stein@medizin.fu-berlin.de
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