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Schmerztherapie bei Tumoren im Kopf- und Halsbereich
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Therapiestrategien und Zielsetzung
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Ziele von Operationen
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Bei der Therapie von Tumoren und Tumorschmerzen im Kopf-Hals-Bereich steht
eine Operation an erster Stelle. Der Eingriff hat in der Regel eine vollständige
Tumorentfernung
zum Ziel. Zumindest sollte aber eine Tumorverkleinerung erreicht werden, um
Beschwerden zu lindern. Außerdem kann eine Operation noch weitere Ziele haben:
- Entfernung von Lymphknoten und Lymphgefäßen, um der Entstehung von
Tochtergeschwülsten (Metastasen) entgegen zu wirken
- plastische, kosmetisch ansprechende Wiederherstellung, wenn es durch
die Operation zu Gewebedefekten kommt, beispielsweise im Gesichtsbereich
- Wiederherstellung von Nervenfunktionen (Empfindungsfähigkeit,
Muskelbeweglichkeit), wenn als Folge der Tumorentfernung Nervenschäden
aufgetreten sind
Unter Umständen ist es sinnvoll, im Anschluss an die Operation eine
Strahlentherapie durchzuführen.
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Kombinierte Chemo-Strahlen-Therapie zur Schmerzlinderung
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Als Alternative zu einer Operation mit anschließender Strahlentherapie ist
eine kombinierte Chemo-Strahlen-Therapie möglich. Damit kann eine Linderung der
Beschwerden und eine Verringerung auftretender Schmerzen erreicht werden. Eine
heilende Wirkung hat diese Alternative nicht. Dieses Vorgehen zählt zu den palliativen Maßnahmen und
sollte erwogen werden, wenn eine Operation nicht
möglich oder nicht sinnvoll ist, beispielsweise bei:
- Inoperabilität des Tumors (zu große Ausdehnung oder ungünstige
Lokalisation)
- ausgeprägter Metastasierung des Tumors (Wachstum zahlreicher
Tochtergeschwülste in verschiedenen Körperregionen, sodass eine
Operation des Ursprungstumors nicht mehr sinnvoll ist)
- schlechtem Allgemeinzustand des Krebspatienten
- Ablehnung einer Operation durch den Patienten
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Operationen
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Transplantation von Gewebe zur Beseitigung schmerzhafter
Operationsfolgen
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Zur Schmerzlinderung bei Kopf-Hals-Tumoren gibt es verschiedene operative
Behandlungsmöglichkeiten. Sind die Schmerzen als Operationsfolge
entstanden, ist unter Umständen ein erneuter operativer Eingriff hilfreich.
Sinnvoll ist beispielsweise die Transplantation von Gewebe aus einer anderen
Körperregion, um das bei der Tumoroperation entfernte Gewebe zu ersetzen.
Als Ersatzgewebe kommt beispielsweise ein Hautstück aus dem Unterarm
(sogenannter Radialislappen) oder ein Teil des Dünndarms (Jejunumtransplantat)
infrage. Auf diese Weise lassen sich schmerzhafte Operationsfolgen aufgrund
anatomischer und funktioneller Veränderungen
in ihrer Schmerzhaftigkeit verringern. Quasi als "Nebeneffekt" kann es durch
eine derartige Transplantation auch zu einer besseren Zungenbeweglichkeit
kommen, die als Folge der Krebsoperation möglicherweise eingeschränkt war. Das
wiederum bewirkt in der Regel eine Verbesserung der Sprech- und
Schluckfähigkeit.
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Füllen einer Knochenlücke im Kiefer
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Sind schmerzhafte anatomische und funktionelle Veränderungen auf eine
teilweise Entfernung des Unter- oder Oberkiefers oder auf die Entfernung
mehrerer Zähne zurückzuführen, sind bei noch
vorhandenen restlichen Zähnen zahnärztliche Maßnahmen wie die Anpassung von
Prothesen hilfreich. Ist das nicht durchführbar, kommt eine Überbrückung der
"Knochenlücke" durch das Einsetzen von Ersatzknochenteilen in Betracht. Dieser
"Ersatzknochen" kann bei einer kleineren Knochenlücke beispielsweise aus der
Beckenschaufel entnommen werden, bei einer größeren Lücke unter anderem aus dem
Wadenbein, dem Schulterblatt oder dem Beckenkamm. Ergänzend ist das Einsetzen
von Zahnimplantaten möglich, um die Kaufunktion weiter zu verbessern und damit
auch die Schmerzen weiter zu verringern.
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Physiotherapie
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Übungen gegen Muskelverspannungen
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Physiotherapeutische Behandlungen können bei Tumorschmerzen im
Kopf-Hals-Bereich sowohl als eigenständige Therapieform als auch in Form einer
Ergänzung schmerzlindernder Operationen zum Einsatz kommen. Im Vordergrund
stehen Übungen, die schmerzhafte Muskelverspannungen lösen. Auch schmerzhafte und schmerzbedingte Körperfehlhaltungen
lassen sich auf diese Weise bessern.
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Gezieltes Muskeltraining
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Ist es als Folge der Tumorerkrankung oder
einer Operation zu einer Muskelschädigung gekommen, kann die Funktion der
geschädigten Muskulatur durch gezieltes Training anderer Muskeln von diesen
zumindest teilweise mit übernommen werden. Weiterhin leiten Physiotherapeuten die
Krebspatienten dazu an, verspannte Muskeln, beispielsweise die Kaumuskulatur, eigenständig zu massieren und zu lockern und
auf diese Weise schmerzhafte Muskelverspannungen zu verringern.
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Schienenbehandlungen
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Störung der Kiefergelenke und der Kaumuskulatur
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Nach einer Tumoroperation oder anderen Krebstherapien im Kopf-Hals-Bereich
kommt es mitunter zu einer Störung des normalerweise sehr fein justierten
Systems der Kiefergelenke und der Kaumuskulatur (sogenannte Myoarthropathie
beziehungsweise Muskel-Gelenk-Erkrankung). Dadurch kann es zu nur sehr schwer zu lokalisierende, diffuse
Schmerzen im gesamten Kopf-Hals-Bereich kommen. Die Schmerzen werden durch
die seelischen Belastungen der schwer kranken Krebspatienten eventuell noch
verstärkt.
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Schiene kann Gelenke entlasten
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In diesen Fällen kann eine sogenannte Aufbiss-Schiene hilfreich sein. Die
Schiene
wird für jeden Patienten individuell angepasst. Sie bewirkt eine Entlastung der
Kiefergelenke und in der Folge eine Entspannung der verspannten Kaumuskulatur.
Das wiederum kann ein gewohnheitsmäßiges Kieferknirschen sowie
verspannungsbedingte Körperfehlhaltungen beenden.
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Strahlentherapie
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Strahlen verkleinern den Tumor
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Eine Strahlentherapie kann über den Effekt einer Tumorverkleinerung bei
Krebsschmerzen im Kopf-Hals-Bereich zu einer Schmerzlinderung führen. Die
Schmerzverringerung ergibt sich in der Regel dadurch, dass ein schrumpfender
Tumor weniger stark auf das benachbarte, gesunde Gewebe drückt. Ein Nachteil dieser Behandlungsform besteht allerdings
darin, dass eine Strahlentherapie mitunter selbst Schmerzen auslösen kann (vgl.
"Therapiebedingte Schmerzen"),
beispielsweise durch Schleimhautentzündungen im Bereich der Mundhöhle.
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Chemotherapie
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Chemotherapie nur in Ausnahmefällen sinnvoll
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Eine Chemotherapie zur Schmerzlinderung bei Kopf-Hals-Tumoren kommt nur in
Ausnahmefällen zur Anwendung. Sie kann dann sinnvoll sein, wenn die Prognose des
Krebspatienten schlecht und die Lebenserwartung begrenzt ist. Es handelt sich
hier um eine palliative Therapiemaßnahme. Sinnvoll ist
eine Chemotherapie mit dem Ziel der Schmerzlinderung allerdings nur dann, wenn
sie aller Wahrscheinlichkeit nach eine Tumorverkleinerung bewirkt und wenn die
Tumorverkleinerung wiederum ein Nachlassen der Schmerzen erwarten lässt. Das ist
beispielsweise dann der Fall, wenn ein Tumor im Zuge seines Wachstums auf
Nervenstränge drückt und dadurch Schmerzen auslöst. Ein weiteres Beispiel für
den sinnvollen Einsatz einer beschwerdelindernden Chemotherapie wäre eine
zunehmende Luftnot bei einem Tumorwachstum im Bereich der Atemwege.
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In der Regel lassen sich Tumorschmerzen im Kopf-Hals-Bereich jedoch eher
durch eine symptomatische Schmerztherapie lindern als durch eine
Chemotherapie.
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Symptomatische Schmerztherapie
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Schmerzmedikamente könne nur das Symptom "Schmerz" lindern
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Bei einer symptomatischen Schmerztherapie wird gezielt
das Symptom "Schmerz" behandelt, ohne die auslösende Krebserkrankung zu
therapieren. Dieses Vorgehen ist in der Regel dann sinnvoll, wenn es keine
Aussicht auf Heilung der Tumorkrankheit mehr gibt und die Beschwerdelinderung im
Vordergrund steht. Es handelt sich um eine palliativmedizinische Maßnahme (siehe
"Palliativmedizin").
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Umfassende Diagnostik muss vorausgehen
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Voraussetzung für die Durchführung einer symptomatischen Schmerztherapie bei
Kopf-Hals-Tumoren ist eine vorangegangene sorgfältige Diagnostik. Das soll
sicherstellen, dass keine behandelbaren Ursachen der Schmerzen vorliegen, die
man durch eine entsprechende Therapie beseitigen könnte. Weiterhin müssen alle
Möglichkeiten der Tumorheilung ausgeschöpft sein.
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Ganz wichtig: Medikamente vorbeugend einnehmen
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Oberstes Gebot einer symptomatischen Tumorschmerztherapie ist die vorbeugende
Vermeidung von Schmerzen. Das bedeutet, dass Schmerzmedikamente in einer
Dosierung und mit einer Häufigkeit gegeben werden, dass erst gar keine Schmerzen
entstehen. Dazu ist
die Erstellung eines individuellen, auf den einzelnen Krebskranken
zugeschnittenen Therapieplans erforderlich. Der Therapieplan orientiert sich an
dem WHO-Stufenschema.
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Keinesfalls sollen Patienten mit Tumorschmerzen im Kopf-Hals-Bereich nur dann
Schmerzmedikamente erhalten, wenn sie unter Schmerzen leiden – die
tumorbedingten Schmerzen sollen gar nicht erst wahrgenommen werden. Das
regelmäßige Wahrnehmen von Schmerzen würde dazu führen, dass die
Schmerzempfindung quasi sensibilisiert wird. Das hätte zur Folge, dass mit der
Zeit immer geringere Schmerzreize zur Auslösung einer Schmerzwahrnehmung führen.
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