Schmerzen sind das häufigste Symptom
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Im Rahmen der Beseitigung beziehungsweise Linderung
alterungs- und krankheitsbedingter Beschwerden kommt auch bei alten
Patienten der Befreiung beziehungsweise Linderung von Schmerzen eine große
Bedeutung zu. Laut Studienergebnissen beträgt der Anteil älterer Menschen,
die ständig vorhandene oder immer wieder auftretende Schmerzen beklagen, 25
bis 75 Prozent. Nach Angaben einer weiteren Studie leiden 75 Prozent der
über 74-Jährigen unter Schmerzen, davon ein Drittel unter schweren und
schwersten Dauerschmerzen. Zudem ist bekannt, dass das Auftreten von
chronischen Schmerzen bei
Heimbewohnern häufiger ist (geschätzt 45 bis 80 Prozent) als bei alten
Menschen, die in häuslicher Umgebung leben. |
Häufige Ursachen für Schmerzen
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Schmerzen bei alten Menschen sind insbesondere auf folgende
Ursachen zurückzuführen:
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Alte Menschen können nicht immer auf ihre Beschwerden aufmerksam machen
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Wichtig ist die Tatsache, dass alte Menschen aufgrund von
Schmerzen häufig stärker beeinträchtig sind als jüngere. Beispielsweise
können sie schmerzbedingte Funktionseinschränkungen häufig nur schwer
ausgleichen, wenn zahlreiche Gelenke von Verschleißerscheinungen betroffen
und daher in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt sind. Alte Menschen mit
Kommunikationsproblemen können bestehende
Schmerzen zudem nicht immer so deutlich mitteilen wie junge Patienten. Daher
müssen Ärzte im Rahmen der palliativmedizinischen Versorgung alter Menschen
von sich aus sehr sorgfältig auf Hinweise für das Vorliegen von Schmerzen
achten. Derartige Hinweise sind unter anderem Schonhaltungen (beispielsweise
"Embryohaltung" mit an den Körper herangezogenen Beinen), Grimassieren und
Schmerzlaute. |
Schmerzmessung sollte altersgemäß angepasst werden
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Alten Patienten fällt es leichter, ihre Schmerzstärke anhand
von Abstufungen wie "gering", "stark" oder "unerträglich" anzugeben, als in
Form eines Zahlenwertes, beispielsweise zwischen 0 (keine Schmerzen) und 10
(stärkster vorstellbarer Schmerz). Bei Patienten mit Einschränkungen der
geistigen Fähigkeiten kann zudem eine Skala aus gezeichneten Gesichtern zur
Schmerzmessung angewendet werden, ähnlich dem Vorgehen zur Erfassung der
Schmerzstärke bei Kindern. Dabei zeigen die Patienten auf denjenigen
Gesichtsausdruck, der ihrem Empfinden am nächsten kommt, wobei die Gesichter
zwischen einem entspannten, lächelnden Ausdruck und einem weinenden Gesicht
mit herabgezogenen Augenbrauen sowie hängenden Mundwinkeln variieren. |
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Behandlung finden Sie bei MedizInfo®SchmerzLos
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Wie bei jüngeren Patienten, kommen auch bei alten Menschen
verschiedene Methoden der Schmerztherapie zum Einsatz, beispielsweise
Medikamente sowie
bewegungstherapeutische und
psychologische Maßnahmen. Bei der
Gabe von Schmerzmedikamenten sind Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
zu berücksichtigen, da alte Menschen aufgrund mehrerer vorliegender
Erkrankungen häufig verschiedene Medikamente einnehmen. Zudem ist zu
bedenken, dass die Stoffwechsel- und Ausscheidungsleistungen von Leber und
Nieren im höheren Alter abnehmen. Daher werden Medikamente unter Umständen
verlangsamt abgebaut und verzögert ausgeschieden, sodass sie sich im Körper
anreichern. Dies ist bei der Dosierung zu berücksichtigen. |
Unterschiede bei der Schmerztherapie alter Menschen
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Im Rahmen der Schmerztherapie mittels verschiedener
Maßnahmen sind bei alten Menschen im Vergleich zu jüngeren Patienten einige
weitere wichtige Punkte zu beachten:
- Bei physiotherapeutischen (krankengymnastischen) und psychologischen
Maßnahmen müssen die Anweisungen klar und deutlich erfolgen sowie
eventuell wiederholt werden. Außerdem ist es sinnvoll, ergänzend eine
schriftliche Anleitung zum Nachlesen zur Verfügung zu stellen.
- Der Kontakt zwischen Patient und Behandler muss sehr eng sein.
Hierzu gehören auch eine räumliche Nähe sowie deutliches, langsames
Sprechen, um eventuellen Hörschwierigkeiten zu begegnen.
- Da die Konzentrationsfähigkeit alter Menschen unter Umständen
geringer ist als bei jungen Patienten, ist es sinnvoll, mehrere kurze
therapeutische Einheiten anzubieten statt weniger langer.
- Bei körperlichen Übungen sind die Belastungen in sehr kleinen Stufen
zu steigern, um eine Überlastung und eine damit einhergehende
Schmerzverstärkung zu vermeiden.
- Die Medikamente müssen dahingehend geprüft werden, ob sie sich
negativ auf die geistige Aufnahmefähigkeit und die körperliche
Leistungsfähigkeit auswirken. Dies würde die Effektivität
physiotherapeutischer und psychologischer Maßnahmen einschränken.
- Eine psychologische Therapie wird in ein Gesamtbehandlungskonzept
eingebettet, welches unter anderem physiotherapeutische Maßnahmen wie
auch Medikamente umfasst.
- Ideal ist ein konstanter Ansprechpartner, der die einzelnen
therapeutischen Maßnahmen koordiniert sowie die Fragen des Patienten und
seiner Angehörigen beantwortet.
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"Die Würde des Menschen ist unantastbar."
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Chronische Schmerzen
sind in Deutschland immer noch ein Thema, dem zu geringe Beachtung geschenkt
wird. Bedenkt man die hier beschriebenen Zahlen und die Zielsetzung der
Palliativmedizin, so wird hier doch eine Diskrepanz deutlich, die einen
erheblichen Nachholbedarf sowohl in der Diskussion, als auch in der
fachlichen Qualifikation bei der Behandlung von Schmerzen aufzeigen.
Schmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität ganz erheblich. Sie sind häufig
auch der Grund für Selbstmord (vgl. Häufige
Todesursachen alter Menschen). |