Palliativmedizin

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Darmverschluss (Ileus) in der Palliativmedizin

 

Inhaltsübersicht:
Bedeutung und Ursachen
Beschwerden
Diagnostik
Therapie

 

Bedeutung und Ursachen

3 % der Krebspatienten sind betroffen

Ungefähr 3 Prozent aller Patienten mit einer Krebserkrankung entwickeln im Verlauf der Erkrankung einen Darmverschluss (Ileus).

  • Bei bösartigen Tumoren im Bereich des Magen-Darm-Trakts sind sogar 24 Prozent aller Patienten betroffen
  • bei bösartigen Tumoren der Eierstöcke 42 Prozent aller Patientinnen.

 

Tumorbedingte Ursachen für Darmverschluss

Tumorbedingte Ursachen für Darmverschluss bei Krebspatienten sind:

  • Verlegung des Darmes durch ein Tumorwachstum innerhalb des Darmes selbst
  • "Zusammendrücken" des Darmes von außen durch ein Tumorwachstum in unmittelbarer Nachbarschaft des Darmes
  • sogenannte Verwachsungen (Bindegewebestränge, die sich nach Operationen im Bauchraum oder nach Bestrahlungen im Bereich des Bauches bilden und den Darm quasi "abschnüren" können)
  • Lähmung der Darmmuskulatur durch Substanzen, die im Rahmen der Krebserkrankung gebildet werden (so genanntes paraneoplastisches (neben dem Tumor auftretendes) Symptom)
  • Nebenwirkung von Medikamenten, die zur Therapie der Krebserkrankung oder zur Linderung tumorbedingter Beschwerden eingesetzt werden
  • Gehirnmetastasen in dem Bereich des Gehirns, der für die Regulation der Darmtätigkeit verantwortlich ist
  • Beeinträchtigung von Nervenknoten im Bauchraum, die die Darmtätigkeit steuern

 

Tumorunabhängige Ursachen für Darmverschluss

Es gibt bei Krebspatienten aber auch Ursachen für einen Darmverschluss, der nichts mit der Krebserkrankung zu tun hat. Als tumorunabhängige Ursachen kommen in Frage:

 

Darmverschluss ist ein Notfall

Ein Darmverschluss ist ein ernst zu nehmendes Krankheitsbild. Meistens erfolgt eine Notfalloperation. Allerdings ist ein derartiger (großer) Eingriff bei den schwer kranken palliativmedizinisch betreuten Patienten gelegentlich nicht möglich.

 

Palliativversorgung ohne Operation

Dennoch können diese Patienten in einer Weise betreut und behandelt werden, die es ihnen ermöglicht, trotz des Darmverschlusses noch viele Monate zu leben. Allerdings hat der Darmverschluss unter Umständen negative Auswirkungen auf das Alltagsleben des Patienten (und das seiner Familie). Dazu gehören in erster Linie Einschränkungen bei der Aufnahme von Speisen und Getränken (z. B. gemeinsame Mahlzeiten im Familienkreis). Aufgrund des Darmverschlusses müssen die für den Körper erforderlichen Nährstoffe in Form von Infusionen verabreicht werden. Das schränkt die Bewegungsfreiheit des Patienten ein. Außerdem bedeutet das für viele Patienten auch eine ständige Erinnerung an die Ernsthaftigkeit ihrer Situation und das nahende Lebensende.

 

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Beschwerden

Symptome entstehen oft schleichend

Bei palliativmedizinisch betreuten Patienten entwickelt sich ein Darmverschluss in der Regel nicht plötzlich, sondern allmählich. Beschwerden, die auf die Entwicklung eines Darmverschlusses hinweisen, sind unter anderem:

  • Bauchschmerzen
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Ausbleiben der Darmentleerung
  • Appetitlosigkeit
  • Auszehrung
  • Blähungen
  • Schluckauf

 

Lokalisation entscheidend für unterschiedliche Beschwerden

Allerdings unterscheiden sich die vorherrschenden Beschwerden in Abhängigkeit davon, an welcher Stelle im Magen-Darm-Trakt sich der Darmverschluss entwickelt hat:
  • schwallartiges Erbrechen großer Nahrungsmengen, wenn der Darmverschluss sehr weit oben im Magen-Darm-Trakt lokalisiert ist
  • zunächst Bauchschmerzen und Blähungen und erst später Erbrechen, wenn ein Teil des Dünndarms verschlossen ist
  • zuerst Verstopfung und Blähungen, später Bauchschmerzen und noch später Erbrechen, wenn sich der Darmverschluss im Bereich des Dickdarms befindet

 

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Diagnostik

Patientengespräch und Untersuchung

Ergibt sich bei einem palliativmedizinisch betreuten Patienten der Verdacht auf einen Darmverschluss, stellt der Arzt in der Regel zunächst Fragen nach der Art und der Dauer der Beschwerden (beispielsweise Zeitpunkt der letzten Stuhlentleerung sowie Auftreten und Ausprägung von Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen). Bei der körperlichen Untersuchung lassen sich unter Umständen ein aufgetriebener Bauch, Verhärtungen durch angesammelte Stuhlmassen und schmerzhafte Regionen feststellen. Beim Abhorchen des Bauchraums mit dem Stethoskop sind eventuell keine Darmgeräusche feststellbar, die normalerweise auf eine rege Darmtätigkeit hindeuten. Bei ausgeprägten Verengungen des Darms lassen sich unter Umständen sogenannte metallische Darmgeräusche feststellen. Diese sind dadurch bedingt, dass der Darm durch seine Muskelaktivität den Darminhalt unter hohem Kraftaufwand durch die eingeengten Stellen presst.

 

Tastuntersuchung des Enddarms

Zur körperlichen Untersuchung bei Verdacht auf einen Darmverschluss gehört auch die Tastuntersuchung des Enddarms. Dabei lassen sich eventuell Kotsteine ertasten, welche die Darmentleerung beeinträchtigen. Die Kotsteine können im Rahmen der Tastuntersuchung auch gleich entfernt werden, um den Darmausgang wieder durchgängig zu machen. Die Tastuntersuchung des Enddarms ist unter Umständen unangenehm und schmerzhaft. Daher kann sie auf Wunsch des Patienten auch unter einer milden Betäubung durchgeführt werden.

 

Ultraschall

Eine ergänzende Ultraschalluntersuchung des Bauchraums kann ebenfalls Hinweise auf einen Darmverschluss geben.

 

Belastende Untersuchungen abwägen

Weitergehende Untersuchungen (wie Röntgenuntersuchungen ohne und mit Kontrastmittel und/oder eine Computertomographie) sind nur dann sinnvoll, wenn sich ein schwer kranker Patient noch in einem relativ guten gesundheitlichen Zustand befindet. Denn dieser ist die Voraussetzung dafür, dass die bei den weitergehenden Untersuchungen erhobenen Befunde (unter anderem genaue Lokalisation des Darmverschlusses und infrage kommende Ursachen) überhaupt therapeutische Konsequenzen nach sich ziehen. Auf diese würde man bei einem sehr schwer kranken oder sterbenden Patienten eher verzichten, um ihn nicht unnötig zu belasten.

 

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Therapie

Wegweisende Fragen vorab klären

Um die Entscheidung über das genaue therapeutische Vorgehen fällen zu können, müssen vorab einige Fragen beantwortet werden:

  • Handelt es sich um einen vollständigen Darmverschluss oder ist der Darm nur stark eingeengt, beispielsweise aufgrund einer ausgeprägten Verstopfung?
  • Besteht die Möglichkeit, den Darmverschluss operativ zu beheben?
  • Welche Therapiemöglichkeiten sind beim einzelnen Patienten unter Berücksichtigung seines allgemeinen Gesundheitszustandes möglich und sinnvoll?

 

Nicht operative Maßnahmen

Bei unvollständigem Darmverschluss beziehungsweise ausgeprägter Darmeinengung und Verstopfung lässt sich die Durchgängigkeit durch folgende therapeutische Maßnahmen wiederherstellen:

  • Zufuhr von Flüssigkeit über eine Vene in Form von Infusionen (dies erhöht die Flüssigkeitsmenge im Körper, sodass diesem mehr Flüssigkeit für das Weichmachen und den erleichterten Transport des Darminhalts zur Verfügung steht)
  • Ausgleich einzelner Spurenelemente, die eine wichtige Voraussetzung für eine geregelte Darmtätigkeit sind z. B.  Kalium oder Kalzium
  • Gabe von Medikamenten, die die Darmtätigkeit anregen über eine Infusion
  • Entfernung von Kotsteinen aus dem Enddarm, um die Entleerung des Darmes zu erleichtern
  • Einlauf
  • Auflage feucht-warmer Wickel auf die Bauchdecke, was ebenfalls eine anregende Wirkung auf die Darmtätigkeit hat

 

Medikamente

Bei eventuellen Schmerzen durch den Darmverschluss kann der Wirkstoff Metamizol verabreicht werden. Auch die Gabe eines Kortisonpräparats und/oder des Wirkstoffs Octreotid ist unter Umständen sinnvoll.

 

Operative Therapie

Eine operative Therapie eines Darmverschlusses bei einem palliativmedizinisch betreuten Patienten kann in Erwägung gezogen werden, wenn

  • sich der Darmverschluss rasch entwickelt hat,
  • wahrscheinlich kein bösartiger Tumor für den Darmverschluss verantwortlich ist und
  • der Patient sich in einem ausreichend guten körperlichen Zustand befindet, um eine Operation gut zu überstehen.

Von einem operativen Eingriff ist hingegen eher Abstand zu nehmen, wenn sich im Bauchraum größere Tumormassen nachweisen lassen, wenn bösartige Tumoren im Bauchbereich bereits zu einer Bauchwassersucht geführt haben und/oder wenn bereits eine ausgedehnte Strahlentherapie des Bauchbereichs stattgefunden hat. Zwar ist in diesen Fällen eine Operation nicht gänzlich ausgeschlossen. Allerdings müssen Vor- und Nachteile sowie mögliche Risiken besonders sorgfältig abgewogen werden. Kommt es zu einer Operation, ist es vor dem Eingriff häufig sinnvoll, zur Entlastung des Magen-Darm-Trakts eine Magensonde anzulegen und Flüssigkeit mittels Infusionen zuzuführen.

 

Der Patient steht im Vordergrund

Ist es nicht möglich, den Darmverschluss zu beseitigen, tritt die palliativmedizinische Therapie zur Linderung der Beschwerden in den Vordergrund. Auf diese Weise kann der Patient bei weitgehender Beschwerdefreiheit im Rahmen seiner Möglichkeiten noch aktiv sein, und die Lebensqualität wird nicht erheblich eingeschränkt.

 

Magensonde über die Nase

Auf die dauerhafte Anlage einer Magensonde versucht man dabei in der Regel zu verzichten. Dies kann lediglich dann notwendig werden, wenn der Darmverschluss unmittelbar hinter dem Magen beziehungsweise in einem sehr hohen Darmabschnitt (Zwölffingerdarm) lokalisiert ist, sodass es zu häufigem und heftigem Erbrechen kommt. In diesem Fall ist eine Magensonde nützlich, um den aufgestauten Magen- beziehungsweise Darminhalt abzuleiten und damit den Magen und den oberen Darm zu entlasten. Das lindert zudem das häufig bestehende unangenehme Druckgefühl. Die Magensonde wird über ein Nasenloch eingeführt und über den Rachen sowie die Speiseröhre bis in den Magen vorgeschoben.

 

Magensonde (PEG) direkt durch die Bauchdecke

Ist abzusehen, dass die Anlage einer Magensonde dauerhaft erforderlich ist, kann dies auch in Form einer sogenannten perkutanen endoskopischen Gastrostomie (PEG) erfolgen. Dabei wird die Magensonde direkt durch die Bauchdecke in den Magen des Patienten eingeführt. Parallel zum Vorschieben der Magensonde über einen kleinen Hautschnitt direkt in den Magen wird sie im Rahmen einer Magenspiegelung vom Mageninneren aus gefasst und direkt im Magen befestigt. Dieser Eingriff ist unter einer leichten Betäubung und einer medikamentösen Beruhigung gut durchführbar. Die aus der Bauchdecke ragende Magensonde stört den Patienten in der Regel weniger als ein aus der Nase ragender Schlauch, sodass die PEG-Sonde langfristig häufig als angenehmer empfunden wird.

 

Nulldiät nicht immer notwendig

Leidet ein palliativmedizinisch betreuter Patient mit Darmverschluss nicht unter häufigem Erbrechen beziehungsweise lässt sich das Erbrechen durch die Gabe entsprechender Medikamente weitgehend unterdrücken (oder zumindest erheblich reduzieren), ist in der Regel keine Nulldiät erforderlich. Allerdings sollte das Essen möglichst weich sein und nur in kleinen Portionen aufgenommen werden. Auf diese Weise kann der Darm die Nahrung leichter verdauen. Als angenehm wird zudem häufig das Lutschen von Speiseeis oder von Eiswürfeln mit Geschmack (beispielsweise eingefrorener Fruchtsaft) empfunden. Auch eine sorgfältige Mundpflege durch den Patienten selbst, seine Angehörigen oder das Pflegepersonal ist wichtig, um einer Schädigung der Mundschleimhaut und der Zähne durch erbrochene Magensäure vorzubeugen.

 

Schmerzmittel

Neben der Gabe von Medikamenten gegen Erbrechen ist bei Palliativpatienten mit Darmverschluss zudem häufig die Gabe von Schmerzmitteln sinnvoll, um auftretenden Bauchschmerzen entgegenzuwirken. Des Weiteren kommen sogenannte Sekretionshemmer zur Anwendung. Diese blockieren die Ausscheidung (Sekretion) von Flüssigkeit und Spurenelementen über die Darmwand in das Darminnere, was das Volumen des Darminhalts weiter vergrößern und damit die Beschwerden verstärken würde.

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