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Kongressbericht: Deutschen Schmerztag 1999 |
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Neue
Wirkstoffe, neue ,,Verpackungen", neue Therapieprinzipien |
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siehe
auch "Quo Vadis Schmerztherapie?" |
Die
Palette der Medikamente für die Behandlung chronischer Schmerzen ist umfangreicher
geworden. Neue Medikamente wurden entwickelt, bewährte Substanzen besser ,,verpackt und
aktuelle Forschungsergebnisse führen zu neuen Therapieprinzipien. |
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,,Der
Fortschritt in der Forschung, vor allem die Einsicht in die Mechanismen der Chronifizierung von Schmerz hat zur Entwicklung innovativer
Medikamente geführt, die unsere Behandlungsmöglichkeiten deutlich erweitern",
stellt Dr. med. Gerhard Müller-Schwefe, Präsident des Deutschen Schmerztages fest.
Ein Beispiel sind die Triptane, die in der Migränebehandlung einen großen Fortschritt
gebracht haben. Das erste Triptan wurde 1993 zugelassen. Inzwischen sind vier Vertreter
dieser neuen Substanzgruppe verfügbar. Diese Auswahl sowie unterschiedliche
Darreichungsformen ermöglichen dem Arzt, die Behandlung den individuellen Bedürfnissen
eines Patienten besser anzupassen.
Noch in diesem Jahr wird in Deutschland auch die Zulassung des ersten sogenannten COX2-Hemmers erwartet. Diese neuen Substanzen lindern Schmerzen
zwar nicht besser als andere altbewährte entzündungshemmende Schmerzmittel, verursachen
aber weniger Nebenwirkungen in Magen, Darm und Niere sowie bei der Blutgerinnung.
Herkömmliche Substanzen gegen Schmerz und Entzündungen, die sogenannten Nicht-steroidalen Antirheumatika, hemmen zwei
Enzyme - die Cyclooxygenasen 1 und 2. Diese Enzyme sind an der
Bildung des Schmerzstoffes Prostaglandin
beteiligt. Die Cyclooxygenase ist jedoch für die Produktion von Schutzfaktoren der
Schleimhäute in Magen und Darm zuständig und spielt auch bei der Blutgerinnung eine
Rolle. Die Cyclooxygenase 2 steuert im geschädigten Gewebe die Bildung von
Entzündungsmediatoren. |
Spezifischere
Schmerz- und Entzündungsmittel
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COX-2-Hemmer
an denen mehrere Pharmafirmen arbeiten, sollen nur möglichst spezifisch die
Aktivität der Cyclooxygenase 2 unterdrücken. Die Produktion der schleimhautschützenden Prostaglandine im Magen-Darm-Trakt und die
Blutgerinnung wird durch diese Medikamente daher weniger beeinträchtigt. Bei den
Cannabinoiden sieht Müller-Schwefe ,,großen Forschungsbedarf". Diese Substanzen
haben nicht nur eine schmerzlindernde Wirkung, sondern steigern beispielsweise auch den
Appetit und dämpfen Übelkeit, was bei Aids- und Krebspatienten eine erwünschte Wirkung
ist. |
Neue
Erkenntnisse über eine ,.alte" Substanz siehe
auch: Medikamente bei chronischen Schmerzen: |
Der
Wirkstoff Flupirtin wirkt schmerzstillend und löst Verspannungen.
Außerdem stabilisiert das Medikament die Ruhelage von Nervenzellen, die an der
Verarbeitung von Schmerzreizen im Zentralnervensytem beteiligt sind. Eine Forschergruppe
um Professor Johannes Kornhuber von der Psychiatrischen Universitätsklinik Göttingen hat
nun ein Modell zur Erklärung dieser klinischen Wirkung entwickelt: Demnach öffnet
Flupirtin eine spezielle Gruppe von Kalium-Kanälen, die bei der Verarbeitung von
Schmerzreizen eine wichtige Rolle spielen. Dies erklärt die duale Wirkung der Substanz
gegen Schmerz und Verspannung. Außerdem werden die Nervenzellen zusätzlich durch die
Stabilisierung des elektrischen Membranpotentials vor neurotoxischen Einflüssen
geschützt. Dies wirkt der Chronifizierung des Schmerzes entgegen. Das Modell erklärt
auch, warum das Medikament bestimmte Nebenwirkungen anderer Gruppen von Schmerzmitteln
nicht hat. Müller-Schwefe: ,,Da diese Substanz an anderen Stellen in das Schmerzgeschehen
eingreift, als beispielsweise Opioide oder andere Analgetika,
eröffnen sich neue Wege, verschiedene medikamentöse Behandlungsstrategien sinnvoll
miteinander zu kombinieren." Johannes Kornhuber vermutet, daß diese Erkenntnisse der
klinischen Anwendung des Medikamentes neue Impulse verleihen werden. Der eher
undifferenzierte Einsatz bei verschiedenen Schmerzformen dürfte abgelöst werden durch
eine gezielte Verwendung bei leicht entzündlichen, verspannungsbedingten oder mit
muskulären Verspannungen einhergehenden Schmerzsyndromen. ,,Gleichzeitig", so
Müller-Schwefe, ,,könnte diese Substanz aufgrund des nun bekannten Wirkmechanismus in
der Prävention von Chronifizierungsprozessen eine wichtige
Rolle spielen." |
Bewährte
Substanzen verbessert
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Weiterentwicklungen
gibt es auch bei den Opioiden, den Abkömmlingen des Morphins:
Hier stehen vor allem neue, sogenannte retardierte Zubereitungsformen zur Verfügung, die
geschluckt oder als Pflaster auf die Haut geklebt werden können. Diese Darreichungsformen
geben den Wirkstoff langsam und kontinuierlich ab und sorgen damit für eine
gleichmäßige und kontinuierliche Linderung. ,,Diese Präparate", erklärt der
Dresdener Pharmakologe Professor Joachim Schmidt, ,,wirken über 24 Stunden und müssen
nur ein- bis zweimal täglich genommen werden." Ebenso wurden unerwünschte
Nebenwirkungen dieser Substanzen, beispielsweise Verstopfung und Übelkeit, durch die
Kunst der Pharmazeuten weiter reduziert.
Durch einen pharmazeutischen Kunstgriff wurde das halbsynthetische Opioid Tilidin mit der
Substanz Naloxon kombiniert, einem ,,Gegenspieler" der Opioidwirkung. Wird das
Medikament - wie vorgesehen - geschluckt, wird Naloxon in der Leber abgebaut und das
Opioid kann seine Wirkung entfalten. Würde die Tablette aufgelöst und injiziert, würde
Naloxon hingegen die Wirkung des Opioids aufheben. Dies macht eine mißbräuchliche
Verwendung von Tilidin unmöglich. Die Folge: Dieses stark wirksame Opioid unterliegt
nicht mehr der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung und kann auf einem normalen
Rezept verordnet werden.
,,Bei den Opioiden ist die Palette damit deutlich breiter geworden", sagt
Müller-Schwefe. ,,Dies macht es uns möglich, die Behandlung den Bedürfnissen der
Patienten und dem medizinisch Erforderlichen gleichermaßen besser anzupassen." |
Rückfragen
an: |
Dr.med.
Gerhard Müller-Schwefe, Präsident Schmerztherap. Kolloquium, Schillerplatz 8/1, 73033
Göppingen, Tel.: 07161-97676, Fax: 07161-976477 und Prof. Dr. med. Joachim Schmidt,
Angewandte Pharmakologie, Straußstr. 4, 01324 Dresden, Tel.: 0351-2688320, Fax:
0351-2686651 |
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