Antikörper greifen Insulin produzierende Zellen an
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Der Diabetes mellitus Typ 1 ist eine so
genannte Autoimmunerkrankung. Bei solchen
Erkrankungen besteht eine Fehlregulation des Immunsystems,
sodass dessen Zellen körpereigene Strukturen zerstören. Im Fall des Diabetes mellitus
Typ 1 produzieren Zellen des Immunsystems spezielle Eiweiße, so
genannte Antikörper,
die die B-Zellen der Bauchspeicheldrüse
zerstören. Diese Zellen produzieren das Hormon Insulin,
das den Blutzuckerspiegel
senkt. Je mehr B-Zellen zerstört werden, desto weniger Insulin kann produziert werden. |
Der Diabetes mellitus Typ 1 entwickelt sich langsam
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Die Entwicklung des Diabetes mellitus Typ 1 verläuft sehr
langsam und zieht sich etwa über ein halbes Jahr hin. Zu Beginn dieser Entwicklung ist der Blutzuckerspiegel noch normal,
und es bestehen keinerlei Beschwerden. Die
Zerstörung der B-Zellen - obwohl noch im Anfangsstadium -
hat in dieser Phase aber bereits begonnen.
Deshalb würde man im Blut des Betroffenen schon
die gegen die B-Zellen gerichteten Antikörper nachweisen können. |
Verschiedene Auslöser können die Erkrankung vorantreiben
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In dieser Anfangsphase des Diabetes mellitus Typ 1
können verschiedene Auslösemechanismen die Zerstörung der
B-Zellen weiter vorantreiben. Als Auslösemechanismen kommen verschiedene Virusinfektionen
infrage, z.B. Masern, Mumps und Röteln
sowie Infektionen mit Coxsackie-Viren. Eine Infektion mit Coxsackie-Viren
kann sich in Form
einer Grippe, aber unter anderem auch als Gehirnhautentzündung (Meningitis), als Herzmuskelentzündung (Myokarditis) sowie als Hautausschlag äußern. Weiterhin können verschiedene
medikamentöse Behandlungen, die das Immunsystem beeinflussen, als Auslösemechanismen
fungieren. Hierzu gehören beispielsweise Behandlungen mit Interferonen zur Therapie von
Leberentzündungen (Hepatitiden) oder bei
Multipler Sklerose.
Ferner werden als auslösende Faktoren auch bestimmte Nahrungsbestandteile
wie Gluten oder Kuhmilchproteine und Umweltschadstoffe diskutiert. |
Antikörper greifen ein körpereigenes Enzym an
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Coxsackie-Viren sind weltweit verbreitet und führen vor allem bei Kindern
zu Atemwegserkrankungen. Ein bestimmter Eiweißbestandteil des Virus hat große
Ähnlichkeit mit einem Enzym, das in den B-Zellen der Bauchspeicheldrüse hergestellt wird.
Dieses Enzym ist die Glutaminsäuredecarboxylase (GAD). Welche Funktion das GAD hat, ist
bisher nicht bekannt. Da aber bei einer Infektion mit Coxsackie-Viren die Immunabwehr
Antikörper gegen das Virus bildet, kommt es später, nach überstandener Krankheit, zu
einer Verwechslung. Die Antikörper greifen jetzt auch die körpereigene Substanz GAD an
und zerstören so die B-Zellen. Diese Vorgänge scheinen gesichert, weil bei mehr als 80
Prozent der Typ-1-Diabetiker Antikörper gegen GAD nachgewiesen werden konnten. |
Es gibt eine genetische Veranlagung
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Allerdings besteht eine gewisse Neigung zur Entwicklung eines
Typ-1-Diabetes, die genetisch bedingt ist. Wenn zu dieser genetischen Veranlagung die
beschriebenen Auslösemechanismen hinzukommen, kann es zur Entstehung der Erkrankung
kommen. Diese genetische Veranlagung ist durch spezielle Eiweißstrukturen auf den weißen
Blutkörperchen bedingt, die als "menschliche Lymphozytenantigene" ("human leukocyte antigens", HLA) bezeichnet werden.
Jeder Mensch besitzt HLA. Allerdings sind die HLA - genau
wie ein Fingerabdruck - bei jedem Menschen unterschiedlich
ausgeprägt. |
HLA Merkmale
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Bei Menschen mit dem Typ HLA-DR3-DQ2 oder HLA-DR4-DQ8 besteht nun eine
genetische Veranlagung zur Entwicklung eines Diabetes mellitus Typ 1. So findet sich
eines dieser genetischen Merkmale bei bis zu 90 Prozent betroffener Patienten. Umgekehrt
kommen diese Merkmale aber auch bei Gesunden vor, sie bestimmen also nicht das Schicksal,
zuckerkrank zu werden. |
Risiko um das 200fache erhöht
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Besonders gefährdet sind Menschen, bei denen beide genannten
genetischen Merkmale anzutreffen sind. Bei ihnen besteht im Vergleich zu Menschen mit nur
einem dieser Merkmale ein 200fach erhöhtes Risiko der Entwicklung eines Diabetes mellitus
Typ 1 (und umgekehrt findet sich diese genetische Konstellation nur bei 2 Prozent
gesunder Menschen). |
Untersuchung nur bei Verdacht sinnvoll
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Es ist dennoch nicht sinnvoll, ohne konkreten Verdacht nach dieser
genetischen Veranlagung zur suchen. Eine entsprechende Untersuchung empfiehlt sich nur,
wenn in der Familie bereits Typ-1-Diabetes-Erkrankungen vorkommen und wenn sich im Blut
des Patienten Antikörper gegen die B-Zellen der Bauchspeicheldrüse finden. |
Oft sind mehrerer in der Familie betroffen
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Die genetische Veranlagung zur Entwicklung eines Diabetes mellitus
Typ 1 wird auch durch die Beobachtung deutlich: Bei bis zu 10 Prozent der Betroffenen
leidet auch ein Elternteil an einem Diabetes mellitus Typ 1, bei bis zu 5 Prozent der
Patienten ist ein Großelternteil davon betroffen. |
Risiken für Diabetes Typ 1
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Im Einzelnen ergeben sich folgende vererbungsbedingte Risiken, an einem
Diabetes mellitus Typ 1 zu erkranken:
- ein Elternteil erkrankt: Erkrankungsrisiko für Diabetes mellitus Typ 1 von 3
Prozent
- beide Eltern erkrankt: Risiko von 10 bis 20 Prozent
- ein Geschwisterkind erkrankt: Risiko von 3 bis 7 Prozent
- ein Zwillingsgeschwisterkind erkrankt: Risiko von 20
bis 30 Prozent
- ein eineiiges Zwillingsgeschwisterkind erkrankt: Risiko von 30
bis 50 Prozent
- keine Erkrankungen in der Familie: Risiko von 0,4 Prozent
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