Gynäkologie


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Tuohilampi-Protokoll

Inhalte:
Zusammenfassung
Einführung
Studienpopulation
Kardiovaskuläre Aspekte
Mammakarzinom
Nutzen-Risiko-Beurteilung der HRT bei postmenopausalen Frauen
Notwendigkeit einer individuellen Hormon-Therapie
Schlussfolgerung
Autoren
Literatur

„Internationales Menopause-Forum Tuohilampi"

Projekt-Gruppe „WHI-Studie"

Außerordentliche Sitzung - Wien, 27./28. 07. 2002

 

Europäische Gynäkologen analysieren WHI-Hormonstudie amerikanischer Kardiologen

 

Zusammenfassung

Das Internationale Menopause–Forum TUOHILAMPI (als Forum bezeichnet) hat sich am 27.und 28. Juli 2002 in Wien zu einer außerordentlichen Sitzung zusammengefunden, um Ergebnisse einer Studie der Women´s Health Initiative (WHI) des National Lung and Heart Institute (als Autoren bezeichnet) [1] zur Hormonsubstitution (HRT) bei älteren postmenopausalen Frauen zu diskutieren. In dieser Studie wurden zwei Hormontherapien -alleinige Östrogen-Gabe bei hysterektomierten Frauen und Östrogen/ Gestagen Kombination- gegen eine Placebo-Gruppe, verglichen. In jedem der drei Arme der Studie, die für 8 Jahre geplant war, nahmen über 8000 Frauen teil. Der Studienteil, der kontinuierlich kombiniert Östrogen und ein Gestagen bekommen hat, wurde nach 5 Jahren abgebrochen, weil nach Meinung der Autoren das Verhältnis von Nutzen zu Nebenwirkung zu ungünstig war. Insbesondere wurde ein erhöhtes Brustkrebsrisiko gefunden.

Das Forum bemängelt den hohen Anteil älterer postmenopausaler Frauen, die nicht repräsentativ für die HRT sind. Auch waren die Frauen im Gegensatz zum Titel der Publikation nicht gesund sondern multimorbid, stark adipös und hatten logischerweise einen Bluthochdruck. Seit langem weiß man, daß ältere postmenopausale Frauen mit bestehendem Bluthochdruck nicht von einer HRT profitieren sondern die Thrombose- und Schlaganfallgefahr wächst.

Das Forum war einstimmig der Meinung, daß das primäre Ziel der Studie, Herzinfarktprophylaxe mit HRT durchzuführen, zum einen keine Indikation für die HRT darstellt und zum anderen bei der gewählten Klientel weder erreicht werden kann noch sollte überhaupt der Versuch unternommen werden. Die weichen Ein- und Ausschlußkriterien, die zwar bequem eine hohe Fallzahl ermöglichten, erklären aber den sprunghaften Anstieg der Nebenwirkungen, wie z.B. der Thromboseraten in den ersten 14 Monaten. Es wurde im Prinzip jeder Frau erlaubt, an der Studie teilzunehmen, wenn sie nur postmenopausal war und wenn keine schweren Allgemeinerkrankungen vorlagen. Es ist aber falsch anzunehmen, daß eine Frau, nur weil sie jenseits des fünfzigsten Lebensjahres amenorhoeisch ist, auch einen Östrogenmangel in allen Körperkompartimenten hat. Es gibt Frauen in den Wechseljahren, die auch ohne jegliche Hormongabe gesund bleiben und sich wohl fühlen. Aus ärztlicher Fürsorge verbietet es sich daher, Hormone ohne klare Indikation und nicht individualisiert zu geben. Im Gegensatz zu der Behauptung der Autoren, daß das Nutzen/Risiko-Verhältnis für Östrogen/Gestagen gegen Placebo steigt, übertrifft in Wahrheit die Todesrate der Placebogruppe nach 6 Jahren die der Östrogen/Gestagen-Gruppe, was man durch die bessere Lebensqualität, stabilere Knochen und Wirkungen auf das ZNS erklären kann. Es ist auffallend, daß den Autoren die Bedürfnisse der Frauen, wegen derer sie sich im Einzelfall für eine HRT entscheiden (Verbesserungen der subjektiven Empfindungen wie Eloquenz, Schlafverhalten, Aufhellung der Stimmung, Verbesserung des Sexuallebens), nicht einmal eine Frage wert war. Der kleine Anstieg von Brustkrebsraten sowie die Risiken der Throm- boseraten bei Hormongabe in dieser Studie ist in Wirklichkeit bekannt und sogar geringer als in anderen Studien. Die keineswegs überzeugende Interpretation der Autoren für das Nutzen/Risiko-Verhältnis, indem sie einige Risiken isoliert betrachten und deren Anstieg auch noch durch das ungenügende Studiendesign erhöht wurde, kann man dadurch erklären, daß die Studie primär von Kardiologen durchgeführt wurde, die mit den vielfältigen Wirkungen der Hormone und den Bedürfnissen von Frauen nicht vertraut waren. Aufgrund des nicht mehr aktuellen Studiendesigns und wegen fehlender individueller die Patientinnen schützender HRT sind keine neuen nutzbringenden Ergebnisse zu erwarten.

Das Forum empfielt daher aus ärztlicher Fürsorge den Abbruch der Gesamtstudie, insbesondere dann, wenn in der bislang zurückgehaltenen „Östrogen-Gruppe" das Alter der Frauen ähnlich hoch sein sollte. Aufgrund des Studiendesigns, das von Kardiologen entworfen wurde, werden falsche Vorgaben für die HRT getestet, welche unphysiologisch sind und verständlicherweise unerwünschte Nebenwirkungen hervorbringen.

Schuld trifft dabei nicht die Präparate sondern das falsche und unphysiologische Studiendesign.

Es ist sinnvoller, das Studiendesign auf die Frauen zu adaptieren und „Hochrisiko-Frauen" auszuschließen.

Das Forum fordert die amerikanische Kollegen ausdrücklich auf, die Standards der europäischen HRT anzuwenden und selbst auch individualisiert zu behandeln. Eine individuelle Hormontherapie nach heutigen europäischen Standards kann als unbedenklich angesehen werden.

Internistische oder onkologische Studien mit Hormonsubstitution zu „wissenschaftlichen Zwecken" ohne vorliegende Indikation für eine HRT verbieten sich für jedes Alter, da Risiken und Nutzen individuell abzuwägen sind, insbesondere dann, wenn Fragestellungen und Ergebnisse redundant sind.

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Einführung

In den USA wurde zwischen 1993 und 1998 insgesamt 161 809 postmenopausale Frauen in einer großangelegten prospektiven randomisierten doppelblinden Studie der Women`s Health Initiative (WHI) aufgenommen. Die WHI ist eine Unterabteilung des National Lung and Heart Institutes und soll die Auswirkungen verschiedener Einflüsse auf den Gesundheitszustand, die sich aus der Lebensführung (z.B. Ernährung) und auch durch verschiedene präventive Behandlunsgmöglichkeiten ergeben sowie das daraus resultierende Erkrankungsrisiko bei postmenopausalen Frauen untersuchen. Von den Studienteilnehmerinnen wurden 8506 nicht hysterektomierte Frauen mit einer fixen Östrogen-Gestagenkombination behandelt (0.625mg konjugierte Östrogene und 2.5 mg MPA per os /Tag) und mit einer Placebogruppe verglichen [1]. Eine dritte gleich große Gruppe von hysterektomierten Frauen erhielten 0.625 mg konjugierte Östrogene allein. Das amerikanische Data and Safety Board (DSMB) hat nach einer mittleren Beobachtungszeit von 5.2 Jahren von den 3 Studienarmen der WHI-Studie (Östrogen plus Gestagen, Östrogen allein, Placebo) den Studienarm Östrogen plus Gestagen abgebrochen, da bei längerfristiger Verabreichung in dieser Gruppe die Risiken höher waren als der Nutzen [1]. Das DSMB sprach sich aber für die Weiterführung des Armes mit alleiniger Östrogengabe bis zur maximal vorgesehenen Studiendauer von über 8 Jahren aus, weil hier die Nutzen-Risiko-Bilanz bisher nicht ungünstig ausfällt.

Die hier behandelte von der WHI durchgeführte Studie bei postmenopausalen Frauen wurde von kardiologisch interessierten Internisten initiiert, die von einer kardioprotektiven Wirkung der zugeführten Sexualormone ausgingen. Die präventive Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen mit Sexualhormonen ist keine Indikation zur HRT. Design, Durchführung und Beurteilung entsprechen keinesfalls den heutigen Erkenntnissen der endokrinologischen Frauenheilkunde. Unglaublich ist, daß die Ergebnisse von den Autoren als äußerst bedeutsam für die gesamte HRT deklariert wurden.

Das Forum erhebt hiermit schwerwiegende Einwände gegen das Design, die Durchführung und die Interpretation dieser Studie. Hauptkritikpunkte:

  • Die oft mißverständlich dargestellten Ergebnisse dieser Studie werden als innovativ bezeichnet, obwohl es sich tatsächlich um hinreichend bekannte Daten und Sachverhalte handelt.
  • Das Alter der teilnehmenden Probandinnen ist nach europäischen Standards nicht repräsentativ für eine HRT, da diese grundsätzlich nur bei Frauen in der Perimenopause oder in der frühen Postmenopause eingesetzt wird.
  • Die Probandinnen waren hochmorbide. Es wurden viele Patientinnen aufgenommen, für die eine Hormonersatztherapie ein klares Risiko darstellt (Übergewicht, Bluthochdruck) und mithin keine klare Indikation für eine HRT bestand.

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Studienpopulation

Irreführend, ja unrichtig, ist der Titel der WHI-Studie: „ ... in healthy postmenopausal women" [1]. Eine Studienpopulation, bei der 25 % bei Studienbeginn Statine oder Aspirin einnehmen (und somit eine vorbestehende Erkrankung aufweisen) und gut 35 % beim Einschluß in die WHI erhöhte Blutdruckwerte besitzen und wegen einer arteriellen Hypertonie behandelt werden, können weder grundsätzlich noch aus kardiologischer Sicht als gesund eingestuft werden.

Zudem wiesen 45% der Teilnehmerinnen bei Studienbeginn ein Alter zwischen 60 und 69 Jahren und 21 % ein solches zwischen 70 und 79 Jahren auf. Wegen ihres Alters (Mittel = 63 Jahre) und der vorbestehenden Erkrankung entspricht die Studienpopulation der WHI-Studie nicht den Bedingungen für eine Untersuchung zur kardiovaskulären Primärprävention, was das eigentliche Ziel dieser Studie war.

Die Studie ist daher eindeutig als Sekundärpräventions-Studie einzustufen, was nur selten Sinn und Ziel einer HRT sein kann.

Es ist bekannt, daß frühe Menarche, späte Menopause und Adipositas (alles Zustände mit Östrogen-Dominanz) das Mamma-Ca-Risiko leicht erhöhen, während späte Menarche, vorzeitige Menopause, ein relatives Untergewicht (BMI unter 22) und seltene oder fehlende Periodenblutung (Oligomenorrhöe/Amenorrhöe) das Mamma-Ca Risiko senken, aber gleichzeitig das Osteoporose- und das kardiovaskuläre Risiko ansteigen lassen. Es gibt Frauen, bei denen durch HRT der Blutdruck normalisiert wird, bei anderen aufgrund genetischer Disposition wiederum nicht. Das zu differenzieren ist ein wichtiger ärztlicher Auftrag. Wir wissen, daß der labile Blutdruck der Perimenopause mit Östrogengaben normalisiert werden kann. Bei dem genetisch-bedingten Bluthochdruck bringen Östrogene keinerlei Verbesserung sondern erhöhen eventuell sogar das Schlaganfallrisiko.

Viele in die WHI-Studie eingeschlossenen Patientinnen sind daher als Risiko-Patientinnen anzusehen. Die erhaltenen Resultate spiegeln wieder, was man in der Gynäkologie seit langem weiß und was bereits in der Praxis Berücksichtigung findet. Es erstaunt daher nicht, daß sich die Resultate der Nebenwirkungen nicht wesentlich von denjenigen früherer Studien, (z.B. HERS) unterscheiden, die mit derselben Östrogen-Gestagen-Kombination durchgeführt wurden [2]. Die WHI- Studie kann aufgrund der ausgewählten Probandinnen keine neuen Ergebnisse liefern sondern bestenfalls bekannte Tatsachen reproduzieren wie z. B.: daß eine durch Übergewicht bedingte endogene Östrogenproduktion additiv zu einer

  • leichten Erhöhung des Mamma-Ca Risikos führen kann, gleichzeitig aber auch eine
  • Erhöhung der Knochendichte zu erwarten ist..

Ältere postmenopausale Frauen reflektieren nicht die Bedürfnisse jüngerer, peri – und frühpostmenopausaler Frauen. Daher sind Schlußfolgerungen auf die HRT bei anderen Altersgruppen nicht zulässig. Insofern war es nur richtig, daß dieser Arm der Studie abgebrochen wurde.

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KARDIOVASKULÄRE ASPEKTE

Das primäre Ziel der Autoren der WHI-Studie war, zu untersuchen, ob man kardiovaskuläre Prävention mit Hormonen durchführen kann. Das ist aber nicht die Hauptindikation der HRT. Seit der HERS-Studie kennt man dieses Risiko! 16000 Frauen, die an dieser Studie teilnahmen, -teils herzkrank- wurden ebenfalls einer gleichgearteten Behandlung unterzogen.

Der Ansatz, einer postmenopausalen Frau automatisch Östrogene zur Prävention zu geben, ist falsch, da es sein kann, daß in vielen Kompartimenten des Organismus Östrogene ausreichend vorhanden sind. Eine Frau, nur weil sie sich jenseits des fünfzigsten Lebensjahres befindet oder/und amenorrhoeisch ist, muß keinen Östrogenmangel in allen Geweben haben. Die Studie geht davon aus, daß Granulosazellen die Herz-/Kreislaufzellen schützen, und daß nach Rückgang dieser Aktivität das Herz-Kreislaufsystem gefährdet ist. Die Granulosazellen haben keineswegs den gesamten weiblichen Organismus mit Östrogenen zu versorgen. Unterschiedliche Organe beziehen über ihre eigenen biochemischen Hormon-Synthesewege die benötigten Hormone. Zusätzliche Hormongaben können zu unphysiologischen Hormonwerten führen mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen.

Unglücklicherweise hatten viele Frauen der WHI-Studie aufgrund ihres hohen Lebensalters bereits eine manifeste Arteriosklerose. Der kardioprotektive Effekt der Hormone ist nur dann zu erwarten, wenn die unbalancierten Veränderungen des Hormonprofils frühzeitig durch adäquate Hormongaben korrigiert und damit ein bereits ungünstiges Lipidmuster vor Entstehung atherosklerotischer Plaques in normale Bereiche zurückgeführt wird.

Da das Design ältere kranke postmenopausale Frauen zur Studie zuließ, kann eine Aussage, ob Hormone, frühzeitig gegeben, eine Prävention zulassen, nicht gemacht werden.

Der klinische Nutzen zum Einsatz von Östrogenen für eine primäre kardiovaskuläre Prävention [3] wird von einigen Autoren bestritten. Eine echte Primärprävention mit Östrogenen kann allein bei noch gesunden Frauen einsetzen. Die Primärprävention sollte daher spätestens zwei bis drei Jahre nach der Menopause beginnen. Diese Voraussetzung wird leider in der WHI-Studie nicht eingehalten. In großen Beobachtungsstudien konnte bei einer echte Primärprävention mit Östrogenen das kardiovaskuläre Risiko um 35 % abgesenkt werden [4]. Leider fehlen bis heute Placebo-kontollierte Studien zur eigentlichen Primärprävention. Die WHI-Studie berücksichtigt auch nicht den vorherigen Aspiringebrauch oder den anderer Agentien wie z. B. Statine.

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Mammakarzinom

Der in der WHI-Studie gefundene Anstieg des Brustkrebsrisikos liegt leicht unter den Werten der großen Reanalyse, die bereits 1997 v.Berel publizierte [5]. Auch in der WHI-Studie ist das Risiko, an einem Brustkrebs zu erkranken, bis zu 4 Jahren nach Beginn einer Hormonsubstitution unverändert. Gemäß den Daten von v. Berel erkranken nach fünfjähriger Hormonsubstitution 2 Frauen von 1000 zusätzlich an Brustkrebs [5]. Die neuen Daten der WHI-Studie stimmen somit mit den bereits aus der Literatur bekannten Fakten überein.

Bei der Beurteilung der Zunahme des Mammakarzinoms muß auch die ebenfalls bekannte Tatsache berücksichtigt werden, daß eine Metastasierung unter Hormonsubstitution geringer ist und daß das Tumorgewebe eine andere Entität hat. Diese Tatsache wird in Fig. 4, 2. Teil der Publikation [1] wiedergegeben, weil die Anzahl der Todesfälle in der Verumgruppe nach 6 Jahren geringer ist als in der Placebogruppe. Generell gilt im Widerspruch zur Aussage der Autoren, daß ab dem 6. „Behandlungsjahr" die Placebogruppe gegenüber der Verumgruppe ein höheres Brustkrebsrisiko ausweist.

In absoluten Zahlen beträgt das Risiko 0.8 Fälle auf 1000 Frauen, es ist geringer als in der HERS-Studie. Wenn man die Studie länger durchgeführt hätte, wäre die Todesrate in der Placebo-Gruppe höher gewesen: Der Trend ist deutlich günstiger für die Frauen mit Hormonsubstitution als für die unbehandelten Frauen.

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Nutzen-Risiko-Beurteilung der HRT bei postmenopausalen Frauen

Die Autoren der WHI-Studie haben sich auf die Auswertung von Herzkrankkheiten und Brustkrebsrisiko beschränkt. Sie haben es nicht der Mühe wert befunden, auf die vielfältigen Verbesserungen der Befindlichkeiten einzugehen. Trotz eines ungeeigneten Studiendesigns (hoher Altersdurchschnitt, ungünstiger Gesundheitszustand der teilnehmenden Frauen) haben dennoch die Hormongaben in der WHI-Studie zu zahlreichen positiven Ergebnissen geführt. Diese Studie zeigt im Gegensatz zur Aussage der Autoren für die HRT auch eindeutige Vorteile, die wir seit langem nachweisbar kennen. Diese wurden bei der Auswertung übersehen, weil die Autoren mit den spezifischen Anforderungen der weiblichen Physiologie nicht vertraut waren. Im Gegensatz zur durchgeführten WHI-Studie wird eine Hormonsubstitution auch primär zur Verbesserung der Hirnfunktionen vorgenommen. Eine Verbesserung der Hirnleistung war ebenfalls nicht berücksichtigt worden. So zeigte bereits Trudi Bush 1973 in einer Untersuchung, daß die Zahl der Haushaltsunfälle durch HRT in der Postmenopause deutlich reduziert wird. Die Gesamt-Todesrate ist in der Verum-Gruppe niedriger als erwartet, während sie nach 6 Jahren in der Placebogruppe sogar höher ist.

Von den Autoren der WHI-Studie wird nicht einmal diskutiert, daß es in den ersten 14 Monaten zu einem sprunghaften Anstieg von Nebenwirkungen kommt, was ja auf eine risikoreiche Anamnese schließen läßt. Zu einer Zeit, in der man in Europa die Pharmakogenomik einzusetzen beginnt, werden in Amerika noch Studien durchgeführt, die das individuelle Risiko völlig ignorieren (z.B bei Hypertonikern mit Faktor 2 ist das kardiovaskuläre Risiko 11-fach erhöht!). Es spricht für eine genetische Disposition, wenn schon in den ersten 14 Monaten der Studie die Nebenwirkungen deutlich zunehmen. Es ist falsch, Patientinnen zu rekrutieren, die nie zu einer solchen Studie hätten zugelassen werden dürfen. Auch die fehlende Subgruppenanalyse der „Hochrisiko-Frauen" läßt ein differenziertes Bild vermissen.

Seit langem ist bekannt, daß sich das Brustkrebs-Tumorverhalten unter HRT eindeutig günstiger gestaltet als ohne HRT, weil diese Tumoren weniger invasiv sind und seltener metastasieren [12].

Die Thrombose- und Mammakarzinomrate entspricht der HERS-Studie [5]. Zudem sind die signifikant reduzierten Hüft, -Wirbel- und anderen Frakturraten [1] sowie die Reduktion des kolorektalen Karzinoms zu erwähnen.

Negativ anzumerken ist, daß dieselben Autoren, die hier positive Daten über das Frakturrisiko unter HRT berichten, noch im Mai des Jahres auf einem Kongress behauptet hatten, es gäbe keine Daten dazu. Es wurde auch nachgewiesen, daß die Östrogen/Gestagen-Komnbinationsgabe eindeutig zu einer Erniedrigung der Ovarialkarzinomrate führt, was auch die Arbeit von LACY in der gleichen Journal-Ausgabe zeigt [6]. Weiterhin wird durch angepaßte Gestagengabe das Risiko eines Endometrium–Ca erheblich verringert.

Vorteile bezüglich der Effekte auf das ZNS, die in der WHI-Studie auch nicht erfaßt wurden, zeigen gynäkologisch-endokrinologischen Fachleuten, daß die Autoren nicht wissen, weshalb sich heute die meisten Frauen einer HRT unterziehen. [7,8]. Die Autoren halten es nicht einmal für wert, Fragen zur Befindlichkeit und damit zur Lebensqualität zu stellen. Den menopausalen Lebensabschnitt auf ein metabolisches Syndrom zu reduzieren, indem nur auf die allseits bekannte Brustkrebsrate sowie ein undifferenziertes kardiovaskuläres Risiko verwiesen wird, zeugt von erheblich eingeschränkter Betrachtungsweise.

Positive Auswirkungen auf das ZNS unter HRT sind:

  • Verbesserungen der kognitive Leistungen
  • Verbesserung der Vigilanz
  • Verbesserung der Schlafqualität
  • Verbesserung des Sprachempfindens
  • Verbesserung der Libido

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Notwendigkeit einer individuellen Hormon-Therapie

Die Menopause ist ein natürliches Ereignis im Leben einer jeden Frau. Sie tritt im Mittel mit 51 Jahren auf [10]. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts entsprach in Europa die mittlere Lebenserwartung einer Frau ungefähr dem mittleren Menopausenalter. Somit lebt in diesem Jahrhundert eine Frau 30 Jahre in einem hormonellen Mangelzustand. Dieser Zustand kann zu klimakterischen Beschwerden und zu metabolischen Störungen führen, wie z.B. Osteoporose. Unbestritten ist, daß körperliches und geistiges Wohlbefinden durch adäquate Ernährung, genügend körperliche Aktivität und eine vernünftige Lebensführung erhalten werden können. Entscheidend ist somit eine ausgedehnte fachärztliche Beratung, die bei Beginn dieses neuen Lebensabschnitts, der mit der Menopause beginnt, durchgeführt wird. Bei klimakterischen Beschwerden gilt nach wie vor die HRT als beste therapeutische Maßnahme. [10].

Das Forum betont, daß sich aus den Resultaten der WHI-Studie keine Kontraindikation gegen die Gabe einer Östrogen/Gestagen-Kombination zur Behandlung des klimakterischen Syndroms ableiten läßt.

Das Zusammenspiel von Östrogenen, Gestagenen und Androgenen auf allen physiologischen Ebenen der Frau ist ausreichend dokumentiert. Die Hormondosen müssen individuell angepaßt werden, da Resorption, Metabolismus und Elimination von Frau zu Frau verschieden sind. Auch zeigt das Zielgewebe individuell unterschiedliche Reaktionen, die oft eine Anpassung der Östrogen/Gestagen-Dosierungen, Veränderung der Applikationsform oder Auswahl des Gestagens notwendig macht.

Jede Frau muß individuell ausführlich über die Auswirkungen des Hormonmangels und die Grenzen jeder Behandlung, ob hormonell oder nicht, aufgeklärt werden. Es gilt, mit ihr zusammen eine auf sie zugeschnittene Lösung zu finden. Jeder Arzt/jede Ärztin wird im eingehenden Gespräch zusammen mit seiner/ihrer Patientin entscheiden, welche Behandlungsform am besten geeignet erscheint. Erwähnt werden muß auch, daß in der europäischen Schule neben dem Begriff der Substitution Begriffen wie Enzyminduktion oder Stimulation immer höhere Bedeutung zugemessen wird.

Amerikanischen Ärzten/Ärztinnen fehlt mangels eigener differenzierter Hormon-Präparate die therapeutische Vielfalt in der HRT an ...

  • Gestagenen (Partialwirkungen)
  • Applikationsformen (Tropfen, Pflaster, Gels)
  • Dosierungsvarianten

Obwohl man in Europa seit langem weiß, daß individuelle Anpassung der HRT eine conditio sine qua non für ihren Erfolg ist, wurden in der US-Studie hohe Fallzahlen mit einer einzigen Dosierung produziert. Seit Jahren bekannte Nebenwirkungen, die bei einer individuellen Hormontsubstitution nicht aufgetreten wären, traten daher zwangsläufig auf. Eine Individualisierung der HRT ist ärztliche Pflicht.

Allerdings ist zu berücksichtigen, daß die Studie ca. in den Jahren 1990-1992 geplant wurde, wo die Ergebnisse der Oxford-Studie und der HERS-Studie noch nicht vorlagen.

Durch das von Kardiologen entworfene Studiendesign wurden falsche Vorgaben für die HRT getestet , die unphysiologisch sind und verständlicherweise entsprechende Nebenwirkungen hervorbringen müssen.

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Schlussfolgerung

Es besteht kein Grund für unsere Patientinnen, eine HRT ohne Rückfrage bei dem/der behandelnden Arzt/Ärztin abzubrechen. Es ist aber sicher sinnvoll, bei jeder Routinekontrolle die Indikation für eine laufende HRT zu überprüfen.

Unbestritten ist der Nutzen einer Hormonsubstitution bei Wallungen, Schweißausbrüchen, Vaginaltrockenheit, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen oder Antriebslosigkeit.

Bei Frauen mit geringen Beschwerden und ohne Osteoporoserisiko kann alternativ auch der Einsatz pflanzlicher Präparate versucht oder eine komplementäre Behandlungsmöglichkeit erwogen werden.

Jede Hormon-Therapie setzt eine klare Indikation voraus und muß individuell angepaßt werden. Es ist immer die therapeutisch niedrigste jedoch wirksame Dosierung zu wählen. Nutzen und Risiken sind mit jeder Frau unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Gegebenheiten und ihrer Präferenzen im ärztlichen Gespräch zu diskutieren und festzuhalten. Bei vorhandener und intakter Gebärmutter muß dem Östrogen ein Gestagen ausnahmslos beigegeben werden. Eine individuelle Hormontherapie ist nach wie vor als unbedenklich anzusehen.

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Autoren / Kontaktadressen

Huber J 1, Birkhäuser M 2, Metka M 3, Druckmann R 4, Rohr U 5, Winkler T 6, Schindler A E 7

 

1 Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Sterilitätsbehandlung, Universitätsfrauenklinik, Währinger Gürtel, 18-20, A-1090 Wien, Österreich

2 Abteilung für Gynäkologie und Endokrinologie, Universitäts-Frauenklinik, Inselspital, Effingerstraße 102, CH-3010 Bern

3 ANDROX, Rotenturmstrasse 29, A-1010 Wien, Österreich

4 Centre de Menopause, 12 Rue de France, F-06000 Nizza, Frankreich

5 Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde, Universität Münster, Albert Schweitzer Str. 33, D-48149 Münster, Deutschland

6 Am Sonnenbrink 4, D-31711 Luhden / Bad Eilsen, Deutschland

7 Institut für Medizinische Forschung und Fortbildung (IMFF), Hufelandstraße 55, D-45147 Essen, Deutschland

 

Korrespondenz für persönliches Anschreiben der Gynäkologen an ausgewählte Ärzte:

Prof. Dr. med. Dr. theol. Johannes Huber
Leiter der Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Sterilitätsbehandlung, Universitätsfrauenklinik
Währinger Gürtel 18-20
A-1090 Wien
Österreich, EU
Tel.: 0043 - 1 - 40 - 400 2813
Fax: 0043 - 1 – 40 - 400 2817
e-mail: johannes.huber@akh-wien.ac.at

 

Korrespondenz für internationale Fachjournale:

Professor Dr. med. Martin Birkhäuser
Leiter der Abteilung für gynäkologische
Endokrinologie und Reproduktionsmedizin
Universitäts-Frauenklinik (Inselspital)
Effingerstraße 102
CH-3012 Bern
Schweiz
Tel.: 0041 – 31 – 632 – 1303
Fax: 0041 – 31 – 632 - 1305
e-mail: martin.birkhaeuser@insel.de

 

Korrespondenz für deutschsprechende Fachjournale:

Professor Dr. med. A.E. Schindler
Institut für Medizinische Forschung und Fortbildung (IMFF)
Hochhaus 1 / App. 809
Hufelandstrasse 55
D-45147 Essen
Deutschland, EU
Tel: 0201 - 7991833
Fax: 0201 - 749533
e-mail: schindler@uni-essen.de

 

Literatur

  1. Writing Group for the Women’s Health Initiative Investigators. Risks and benefits of Östrogen plus Progestin in healthy postmenopausal women. JAMA 2002 288; 321-333
  2. Hulley S, Grady D, Bush T, Furberg C, Herrington D, Riggs B et al. Randomized trial of Östrogen plus progestin for secondary prevention of coronary heart disease in postmenopausal women. Heart and Östrogen/progestin replacement study (HERS) research group. JAMA 1998 280 605-613
  3. Mosca L, Collins P, Herrington DM, Mendelsohn, ME, Pasternack RC, Robertson RM et al. Hormone replacement therapy and cardiovascular disease: A statement for healthcare professionals from the American Heart disease, and other considerations, Annu Rev Public Health 1998 19: 55-72
  4. Barret-Connor E. Grady D. Hormone replacement therapy, heart disease, and other consideration.. Ann Rev Public Health 1998 19: 55-72
  5. Berel V, Bull D, Doll R, Key T, Petro R, Reeves G, et al. Breast cancer and hormone replacement therapy: Collobarative reanalysis of data from 51 epidemiological studies of 52705 women with breast cancer and 108411 women without breast cancer. Lancet 1997 350; 1047-59
  6. Lacey JV, Mink Pamela J, et al. Menopausal hormone replacement therapy and risk of ovarian cancer. JAMA 17; 2002 288 334
  7. Wiklund I, Karlberg J, Mattson LA. Quality of life of postmenopausal women on a regimen of transdermal estradiol therapy. A double blind placebo controlled study. Am J Obstet Gynecol 1993 168; 824 –830
  8. Hendersen VW, Klein BEK, Resnick SM, Menopause and disorders of neurological function, mental health and the eye. In: International Position paper on women`s health and Menopause: A comprehensive approach. Edited by the lorenzini foundation and the NIH, 2002 (in press)
  9. Cauley JA, Seeley DG, Ensrud K, et al. Fracture protection provided by long term Östrogen treatment. Osteoporosis Int 1995 5; 23-29
  10. Manson JE, Martin KA, Clinical practice. Postmenopasual hormone therapy. N Engl J Med 2001, 345: 34-40
  11. Daley E, Vessey MP, Hawkins MM, Carson JL, Gough P, Marsh S, Risk of venous thromboembolism in users of hormone replacement therapy. Lancet 1996 348; 977-980
  12. Esteve J, Seradour B, Jacquemier J, Remontet L, Does a better grade of tumour occuring in women under hormone replacement therapy compensate for their lower probability of detection by screening mammography. J Med Screen 2002 June; 9(2): 70-73

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