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Körperliche Untersuchung bei Beschwerden der Wirbelsäule

Inhaltsübersicht:
Untersuchung der Wirbelsäule
+   Aussehen
+   Beweglichkeit
+   Schmerzen
Untersuchung von Rückenmark und Rückenmarksnerven
+   Kraft
+   Sensitivität
+   Nervendehnungsschmerz
+   Reflexe

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Untersuchung der Wirbelsäule

Buch dazu anzeigen Wirbelsäule und Rückenmark. Weiterführende Diagnostik - Klinischer Leitfaden.
Nach der Erhebung der Anamnese ist die körperliche Untersuchung dran. Bei Beschwerden an der Wirbelsäule richtet sich das Hauptaugenmerk auf zwei wichtige Aspekte: Die Funktionalität Wirbelsäule als Teil des Skelettsystems und die in ihrem Inneren, im Wirbelkanal, verlaufenden Strukturen. Das sind Rückenmark und Rückenmarksnerven.

 

Die Körperhaltung ist wichtig.

Der erste Aspekt bei der Untersuchung der Wirbelsäule ist die äußere Betrachtung des Betroffenen. Dazu stellt sich der Betroffene hin. Der Arzt muss jetzt darauf achten, ob der Betroffene eine anatomisch normale Haltung und Stellung einnimmt.

 

Von hinten und von der Seite hat die Wirbelsäule ein charakteristisches Aussehen.

Bei einem gesunden Menschen zeigt sich bei der Betrachtung von der Seite die charakteristische doppelt s-förmige Krümmung der Wirbelsäule. Im Bereich von  Hals- und Lendenwirbelsäule biegt sich die Wirbelsäule zur Körpervorderseite hin (konkave Krümmung). Die Brustwirbelsäule sowie von Kreuz- und Steißbein zeigen eine Biegung zur Körperrückseite (konvexe Krümmung). Bei der Betrachtung von hinten bildet eine gesunde Wirbelsäule eine Gerade, die keine seitliche Abweichung nach links oder rechts zeigt.

 

Der Finger- Boden- Abstand gibt Aufschluss über die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule.

Als nächstes wird die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule überprüft. Gleichzeitig wird der Arzt darauf achten, ob bei der Bewegung Schmerzen auftreten, oder nicht. Dazu fordert der Arzt den Betroffenen auf, sich mit gestreckten Knien so weit nach vorne zu beugen wie möglich. Dann wird in dieser vornübergebeugten Stellung der Abstand der Finger zum Boden gemessen. Dieser Wert gibt Aufschlüsse über die Beweglichkeit der Wirbelsäule. Auch die Beweglichkeit bei der Seitwärts- und Rückwärtsneigung wird beurteilt. Dabei werden die Winkelgrade gemessen und anhand von Standardwerten beurteilt.

 

Schober-Zeichen:

Die Beweglichkeit kann auch beurteilt werden durch Messen der Abstände in der Reihe der Dornfortsätze gemessen. Die Dornfortsätze jedes Wirbels zeichnen sich gut sichtbar unter der Haut ab. Bei Bewegungen verändern sich die Abstände. An der Lendenwirbelsäule wird im normalen Stand ein Punkt markiert, der 10 Zentimeter über dem ersten Kreuzbeindornfortsatz liegt. Dann werden die Veränderungen der Messstrecken bei der Vorwärts- und Rückwärtsneigung gemessen. Diese Untersuchung nennt sich Schober-Zeichen und ist bei gutachterlichen Prüfungen wichtig.

 

Ott-Zeichen:

Dasselbe gilt für das Ott-Zeichen, dass die Beweglichkeit im Bereich der Brustwirbelsäule misst. Die Messstrecke beginnt am 7. Halswirbeldornfortsatz und führt 30 Zentimeter in Richtung Steißbein. Auch hier werden die Änderungen der Messstrecke bei Bewegungen festgehalten.

 

Die Beweglichkeit der Wirbelsäule kann exakt gemessen werden.

 

Die Untersuchung des Kreuzbein- Darmbein- Gelenkes erfolgt im Liegen.

Danach untersucht der Arzt die Beweglichkeit des Kreuzbein- Darmbein- Gelenks. Dazu liegt der Betroffene auf der Seite und winkelt das untere Bein an. Der Arzt führt dann das gestreckte obere Bein vorsichtig nach hinten. Dabei liegt seine freie Hand fest auf dem Kreuzbein. Auf diese Weise findet die Bewegung ausschließlich im Kreuzbein- Darmbein- Gelenk statt. Bei Entzündungen oder einer Arthrose in diesem Gelenk ist die Beweglichkeit meistens eingeschränkt und schmerzhaft.

 

Bewegungen der Halswirbelsäule lassen sich am besten im Sitzen untersuchen.

Um die Beweglichkeit der Halswirbelsäule zu prüfen, sollte der Betroffene sitzen. Als erstes bewegt der Betroffene seinen Kopf (und damit auch die Halswirbelsäule) selbstständig. Er legt den Kopf in den Nacken, nach vorne und zur Seite und dreht ihn dann zu jeder Seite. So kann der untersuchende Arzt einen groben Eindruck von der Beweglichkeit der Halswirbelsäule gewinnen. Anschließend bewegt der Arzt vorsichtig den Kopf des Betroffenen mit seinen Händen, um die Beweglichkeit exakt zu erfassen.

 

"Klopfzeichen" lösen bei vielen Erkrankungen Schmerzen aus.

Natürlich wird schon bei der Überprüfung der Beweglichkeit darauf geachtet, ob Bewegungen Schmerzen verursachen, oder nicht. Als nächstes aber wird die Schmerzhaftigkeit der Wirbelsäulenknochen und der Rückenmuskulatur getestet. Dazu klopft der Arzt zunächst über die einzelnen Knochen der Wirbelsäule. Bei vielen Wirbelsäulenerkrankungen lassen sich in dem betroffenen Bereich Schmerzen auslösen.

 

Druckschmerz kann Hinweis auf Entzündung oder Arthrose sein.

Durch Druck auf die kleinen Wirbelgelenke, der auf jeder Etage seitlich an der Wirbelsäule liegen, können gelegentlich Schmerzen ausgelöst werden. Dies wird als Hinweis auf eine Entzündung oder eine Arthrose dieser kleinen Wirbelgelenke gewertet.

 

Muskelverspannungen können sehr schmerzhaft sein.

Anschließend drückt der Arzt über die neben der Wirbelsäule gelegene Rückenmuskulatur, die sich bei Wirbelsäulenerkrankungen schmerzhaft verspannen kann. Werden beim Druck auf das Kreuzbein- Darmbein- Gelenk Schmerzen ausgelöst, ist das ein Hinweis auf eine Entzündung oder eine Arthrose des Gelenks.

 

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Untersuchung von Rückenmark und Rückenmarksnerven

Jede orthopädische Untersuchung muss durch eine neurologische Untersuchung ergänzt werden.

Durch Erkrankungen der Wirbelsäule können Rückenmark und Rückenmarksnerven beeinträchtigt sein. Sie liegen im Wirbelkanal im innerhalb der Wirbelsäule. Bei Erkrankungen der Wirbelsäule können sie Druck oder Zug ausgesetzt sein und dadurch Schaden nehmen. Deshalb muss das Nervengewebe bei Wirbelsäulenbeschwerden in jedem Fall mit untersucht werden. Rückenmark und Rückenmarksnerven nehmen wichtige Funktionen wahr:
  • Sie leiten elektrische Reize an die Muskulatur weiter. Die Muskeln in unserem Körper bewegen sich nur aufgrund dieser Reize.
  • Sie registrieren Reize von außerhalb des Körpers, z. B. Druck, Berührung, Schmerz, Temperatur. Sie vermitteln außerdem Informationen über die Körperhaltung, z. B. Gelenkstellung und Muskelspannung. Diese Informationen werden über das Rückenmark an das Gehirn weiter geleitet.
  • Sie steuern vegetative Funktionen, z. B. Blasenentleerung, Darmtätigkeit, Sexualfunktion, Schweißbildung.

 

Das Gang- und Standbild eines Betroffenen ist ein wichtiger Hinweis.

Um Schädigungen zu erfassen, wird zunächst die grobe Kraft in den Beinen überprüft. Dazu beobachtet der Arzt Gang und Stand des Betroffenen. Der Betroffene muss normal, auf Zehenspitzen, auf den Fersen sowie, wenn möglich, auf einem Bein gehen und stehen. Auffällige Gangunsicherheiten können - außer durch Deformierungen - durch zwei Mechanismen entstehen: durch eine Muskelschwäche oder durch eine Beeinträchtigung derjenigen Rückenmarksfasern, die die Stellung der Gelenke und die Spannung der Muskulatur an das Gehirn weiterleiten.

 

Die Kraft wird durch verschiedene Bewegungsabläufe geprüft.

Die genauere Kraftprüfung an den Armen lässt Rückschlüsse über das Rückenmark im Halsbereich zu. Der Betroffene wird zuerst im sitzen untersucht. Er setzt nacheinander an beiden Armen die einzelnen Muskelgruppen kräftig ein:
  • Heben der Arme sowie Heranführen der Arme an den Körper im Schultergelenk,
  • Beugen und Strecken der Unterarme im Ellbogengelenk,
  • Beugen und Strecken der Hände im Handgelenk,
  • Beugen und Strecken der Finger in den Fingergrundgelenken sowie Faustschluss.

Um die Kraft des Betroffenen beurteilen zu können, hält der Arzt jeweils mit seiner eigenen Muskelkraft gegen die Bewegung des Patienten.

 

Der Arzt hält mit seiner eigenen Kraft dagegen.

Die Kraftprüfung an den Beinen wird entsprechend am liegenden Menschen durchgeführt. Der Betroffene bewegt wieder kräftig die einzelnen Muskelgruppen:
  • Beugung im Hüftgelenk,
  • Beugung und Streckung im Kniegelenk,
  • Heben und Senken der Füße sowie der Zehen bzw. nur der Großzehen.

Bei eingetretenen Nervenschäden kann die Kraft in einzelnen Muskelgruppen herabgesetzt sein.

 

"Blinde Flecken" zeigen dem Arzt, welcher Nerv geschädigt ist.

Im nächsten Schritt wird die Empfindungsfähigkeit überprüft. Dazu streicht der Arzt locker mit den Händen über die Haut des Betroffenen. Dieser wird aufgefordert, Regionen herabgesetzter Empfindungsfähigkeit anzugeben. Bei der Schädigung von Rückenmark oder Rückenmarksnerven kann die Empfindungsfähigkeit in einzelnen Regionen herabgesetzt sein.

 

Die Prüfung nach Laségue ist Standard.

Bei einer Beeinträchtigung von Rückenmarksnerven im Lendenwirbelbereich kann es zu Nervendehnungsschmerzen kommen. Zur Überprüfung hebt der Arzt das gestreckte Bein des auf dem Rücken liegenden Betroffenen vorsichtig an (Prüfung nach Lasègue). Normalerweise kann das Bein fast bis in den rechten Winkel angehoben werden. Bei einem Nervendehnungsschmerz gibt der Betroffene bereits früher Schmerzen an, die vom Rücken aus in das Bein strahlen. Das Laségue-Zeichen ist eines der wichtigsten Hinweise bei einem Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule und bei einer Entzündung des Ischiasnervs.

 

Das Bragard-Zeichen gibt Hinweis auf eine Muskelverkürzung.

Um zu testen, ob frühe Schmerzen durch eine verkürzte Muskulatur ausgelöst werden, kann der Arzt zusätzlich die Fußspitze des Betroffenen in Richtung Schienbein ziehen. Das geschieht meistens in einem Winkel von etwa 70 Grad. Dieser Test nennt sich Bragard-Zeichen. Bei einer Muskelverkürzung wird dabei der Nervendehnungsschmerz verstärkt.

 

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Reflexe

Gesunde Reflexe müssen rechts und links gleich stark sein.

Danach prüft der Arzt die so genannten Muskeleigenreflexe. Die Reflexe geben bei einer Schwächung Hinweise auf eine Schädigung der jeweiligen Nervenwurzel, die den Muskel versorgt. Zur Prüfung klopft der Arzt mit einem kleinen Hämmerchen (Reflexhammer) vorsichtig auf bestimmte Sehnen an den Armen und Beinen des Betroffenen. Durch den Schlag wird der zugehörige Muskel minimal verkürzt. Er reagiert darauf mit einer sichtbaren Bewegung. Reflexe werden immer auf der rechten und auf der linken Körperseite überprüft. Bei einer Schädigung des Nervengewebes kann es vorkommen, dass einzelne Reflexe in ihrer Intensität Seitenunterschiede aufweisen oder sogar vollkommen erloschen sind.

 

Die Sehnen sind am Knochen befestigt und übertragen die Kraft vom Muskel auf das Skelett.

Im Einzelnen werden folgende Muskeleigenreflexe überprüft:
  • Bizepssehnenreflex. Die Sehne des Bizepsmuskels ist in der Ellenbeuge bei kräftiger Beugung des Unterarms zu tasten.
  • Trizepssehnenreflex. Die Sehne des Trizepsmuskels befindet sich an der Rückseite des Oberarms, unmittelbar oberhalb des Ellbogengelenks.
  • Radiusperiostreflex. Hier wird direkt auf den Speichenknochen des Unterarms geklopft. Als Reaktion kann eine leichte Beugung des Unterarms beobachtet werden.
  • Patellarsehnenreflex. Die kräftige Patellarsehe ist deutlich zwischen Kniescheibe und Unterschenkelknochen tastbar.
  • Achillessehnenreflex. Die Achillessehne verbindet den Wadenmuskel mit dem Fersenknochen.

 

"Bauchkitzeln" als ärztliche Untersuchung.

Die Bauchhautreflexe gehören zu den so genannten Fremdreflexen. Im Unterschied zu den Muskeleigenreflexen sind dabei mehrere Etagen des Rückenmarks beteiligt. Um die Bauchhautreflexe zu prüfen, streicht der Arzt bei einem entspannt auf dem Rücken liegenden Menschen mit einem Holzstäbchen beiderseits auf drei Höhen über die Bauchhaut. Als Reaktion ist ein Zucken der Bauchmuskulatur zu beobachten. Bei einer Schädigung des Rückenmarks können Seitenunterschiede auffallen.

 

Der ausgelöste Babinski- Reflex ist bei Erwachsenen immer pathologisch.

Als klassischer pathologischer Reflex bei Erwachsenen wird der Babinski-Reflex geprüft. Dieser Reflex kommt natürlich nur im Säuglingsalter vor. Er verschwindet im Laufe der kindlichen Entwicklung. Bei einer Rückenmarksschädigung kann der Babinski-Reflex dann beim Erwachsenen wieder auftreten. Zur Prüfung dieses Reflexes streicht der Arzt mit dem Stiel des Reflexhammers über die Fußaußenkante. Wenn der Reflex ausgelöst werden kann, wird als Reflexantwort ein Heben der Großzehe beobachtet.

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