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Nierenbeckenentzündung / Pyelonephritis
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Kurzinfo:
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Akute Pyelonephritis
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Chronische Pyelonephritis
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Symptome
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Flankenschmerz, Rückenschmerz, Fieber, Schüttelfrost, Tachykardie,
schweres Krankheitsgefühl, Pollakisurie, Dysurie, Brechreiz, Verstopfung
Kinder: untypische Beschwerden mit Trinkunlust, Lethargie, Fieber sowie Bauchschmerzen und
häufiges nächtliches Einnässen
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Häufig stummer Verlauf bis zum akuten Schub. Unspezifische
Beschwerden mit Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit, Brechreiz, Rückenbeschwerden.
Verdacht besteht bei häufig wiederkehrenden Blasenentzündungen, länger andauernden
Kopfschmerzen, ständigem Durst, Leistungsknick.
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Wann zum Arzt?
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Sofort.
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Bei Verdacht sofort.
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Therapie
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Bei schweren Verläufen Krankenhauseinweisung. Reichliche
Flüssigkeitszufuhr, strenge Bettruhe. Bakterielle Infektionen: Antibiotikatherapie für
mindestens 14 bis 21 Tage. Bei Bildung eines Nierenabszess Operation.
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Beste Behandlung besteht in der Beseitigung der Ursache einer akuten
Pyelonephritis. Ausreichende Antibiotikatherapie, evtl. Nephrektomie.
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Ursachen
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Krankheitserreger können über die Harnwege aufsteigend, oder über
das Blut in die Nieren gelangen.
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Eine Pyelonephritis ist eine meistens eitrige Entzündung
des Nierenbeckens, und nachfolgend des
Nierengewebes. Eine ausschließlich auf das Nierenbecken selbst bezogene Entzündung kommt
praktisch nicht vor. Die Pyelonephritis entsteht vorwiegend auf zwei unterschiedlichen
Infektionswegen:
- hämatogen. Dabei erreichen die Erreger die Niere auf dem Blutweg. Die hämatogene Form
wird auch oft als primäre Pyelonephritis bezeichnet.
- intrakanalikulär aszendierend. Dabei gelangen die Erreger aufsteigend über den
Harntrakt in die Niere. Diese Form wird auch als sekundäre Pyelonephritis bezeichnet.
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Die Pyelonephritis ist eine häufige Folge bei Verengungen der
Harnwege.
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Die primäre Form ist häufig schwer zu verhindern. Sie heilt aber in der
Regel gut aus. Die sekundäre Pyelonephritis ist in den meisten Fällen mit einer
Einengung (Obstruktion) innerhalb des Harntraktes verbunden. Durchschnittlich die Hälfte
aller akuten Erkrankungen bei Frauen und etwa 98 Prozent der akuten Erkrankungen bei
Männern sind auf eine Obstruktion zurückzuführen. |
Verschiedene Risikofaktoren begünstigen eine Erkrankung.
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Es gibt noch eine Reihe weiterer Faktoren, die sich begünstigend auf die
Entstehung einer akuten Pyelonephritis auswirken. Dazu gehören:
- Obstruktion
- Steinleiden oder andere Fremdkörper
- angeborene Nierenerkrankungen und Anomalien der Nieren und ableitenden Harnwege
- chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Gicht oder Bluthochdruck
- Dauerkatheter (oft bei alten Menschen)
- Medikamentenmissbrauch oder zu lange Einnahme von Medikamenten, vornehmlich Schmerzmittel (Phenazetin)
- Schwangerschaft
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Chronische Krankheitsverläufe kommen bei prädisponierenden
Erkrankungen häufiger vor.
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Dabei sind Erkrankungen wie Steine, Diabetes mellitus, Gicht, Anomalien
des Harntraktes oder Dauerkatheter häufig auch prädisponierende Ursachen für eine
chronische Pyelonephritis. Ebenso führen nicht ausgeheilte akute
Nierenbeckenentzündungen häufig zur Entwicklung einer chronische Pyelonephritis. |
In der zweiten Hälfte der Schwangerschaft ist eine akute
Pyelonephritis eine häufige Komplikation.
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Die Schwangerschaftspyelonephritis (Pyelonephritis
gravidarum) ist eine häufige Komplikation in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft.
Durch die vergrößerte Gebärmutter kommt es zu einem stärkeren Druck auf die
ableitenden Harnwege. Der erhöhte Progesteronspiegel führt zu einer verminderten
Peristaltik von Darm und Harnleiter. Dadurch wird der Urin nicht mehr so schnell weiter
befördert. Außerdem verschiebt sich während der Schwangerschaft der pH-Wert und es
kommt zu einem erhöhten Gehalt von Aminosäuren, Kreatinin, Glukose, Laktose. Diese
Faktoren begünstigen die rasche Vermehrung von Bakterien. Bei Frauen, bei denen eine
symptomlose Bakteriurie vorliegt, kommt es in
der zweiten Schwangerschaftshälfte zu einer Vermehrung der Bakterien. |
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Symptome
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Die Beschwerden treten plötzlich auf und können sehr heftig sein.
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Bei der akuten Pyelonephritis setzen die Beschwerden plötzlich und heftig
ein. Dabei können vorkommen:
- Flankenschmerzen
- Rückenschmerzen
- Fieber und Schüttelfrost
- erhöhte Herzschlagfrequenz (Tachykardie)
- schweres Krankheitsgefühl
- aufgrund eines Harnwegsinfektes Pollakisurie
(häufige, tröpfelnde Blasenentleerung) und Dysurie
(unangenehme Blasenentleerung)
- aufgrund einer Darmlähmung Brechreiz und Verstopfung
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Unklare Beschwerden führen nicht selten zu einer verspäteten
Diagnose.
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In manchen Fällen können die Beschwerden untypisch sein. Auch können
die Schmerzen in die Leiste oder in den Hodensack verlagert werden. Das wird dann nicht
immer von den Betroffenen als Krankheitszeichen gewertet. Häufig werden solche
"Leistenbeschwerden" z. B. auf eine vorangegangene sportliche Tätigkeit
zurückgeführt. Deshalb kommen bei verlagerten oder untypischen Beschwerden verspätete
Diagnosestellungen häufiger vor. In Ausnahmefällen, vor allem, wenn bereits ein
Nierenleiden oder eine Erkrankung der Harnwege besteht, kann eine Pyelonephritis
"stumm" (ohne Beschwerden) verlaufen. |
Kinder sind besonders im Säuglingsalter betroffen.
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Sehr häufig sind Kinder betroffen, vor allem Säuglinge und
Kleinstkinder. Der Grund dafür ist vor allem die noch relative Unreife der kindlichen
Nieren (was sie angreifbarer macht) und das noch nicht voll ausgereifte Immunsystem. Eine
erste Harnwegsinfektion oder eine Pyelonephritis können in diesem Alter jedoch auch schon
der erste Hinweis auf eine angeborene Erkrankung des Harntraktes oder auf eine Anomalie
sein. Die Beschwerden in diesem Alter sind dabei eher untypisch: Trinkunlust, Lethargie,
Fieber sowie Bauchschmerzen und häufiges nächtliches
Einnässen. So werden häufige, nicht geklärte Allgemeininfekte im Kindesalter durch
(oft missbildungsbedingte) Nierenentzündungen verursacht und dadurch übersehen. |
Frauen leiden häufig unter untypischen Beschwerdebildern.
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Frauen dagegen können oft asymptomatische" Pyelonephritiden
durchlaufen. Grund ist, dass die Verlagerung das für viele Frauen bekannte Beschwerdebild
einer Blasenentzündung bieten. Bemerkt wird die Pyelonephritis in solchen Fällen häufig
erst dann, wenn sie zu einer ernsthaften Einschränkung der Nierenfunktion führt. Dabei
ist häufig dann schon eine Schrumpfniere oder ein Abszess entstandenen. Erhöhte Gefahr
droht vor allem während der Schwangerschaft. Dann müssen alle Harnwegsinfekte, auch wenn
sie beschwerdefrei ablaufen, antibiotisch behandelt werden, da sie bei Bestehen einer
stummen" Pyelonephritis eine Gefahr für Mutter und das Kind darstellen. |
Dauerkatheter bilden einen möglichen Infektionsherd. Hier ist das
Risiko besonders hoch.
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Beim (älteren) Mann ist in den meisten Fällen die Obstruktion der
Harnröhre durch ein Prostataadenom die Ursache einer Pyelonephritis. Der Dauereinsatz
eines Katheters, um die Folgen der Obstruktion zu meiden, vermindert zwar die Obstruktion,
bildet aber seinerseits einen möglichen Infektionsherd. So haben ausnahmslos alle
Dauerkatheterträger eine Harnwegsinfektion, die jedoch in den meisten Fällen
therapieresistent ist und deshalb nicht antibiotisch behandelt werden sollte, um die
Anzahl der resistenten Erreger nicht zu erhöhen. Eine antibiotische Behandlung sollte
aber durchgeführt werden, wenn Beschwerden wie Fieber und Miktionsbeschwerden
(-Schmerzen) auftreten. |
Chronische Pyelonephritis ist häufig stumm, bis sich ein akuter Schub
entwickelt.
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Eine chronische Pyelonephritis verläuft meistens stumm und verursacht
keine Beschwerden, bis sich ein erneuter akuter Schub zu erkennen gibt. Jede Frau sollten
vor allem häufig wiederkehrende Blasenentzündungen verdächtig stimmen. Bei jungen
Menschen sollten bei länger andauernden Kopfschmerzen, ständigem Durst und
Leistungsknick an eine chronische Pyelonephritis gedacht werden. Andere unspezifische
Beschwerden können Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit mit Brechreiz sein, und manchmal
nicht näher lokalisierbare Rückenschmerzen, die oft als Lumbago" oder
Ischias" von den Betroffenen abgetan werden. |
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Diagnostik
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Gezielte Fragen weisen den Weg.
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Wichtig und wegweisend ist die ausführliche Krankengeschichte bei der
Pyelonephritis. Der Arzt muss viele gezielte Fragen stellen, um alle möglichen Ursachen
genauestens festzuhalten. Dazu gehören auch Fragen nach früheren Beschwerden oder
Ereignissen. Als Übersicht kann folgende Liste von Fragestellungen gelten:
- Gab es schon einmal ähnliche Beschwerden mit Dysurie,
Fieberschüben, Flankenschmerz o.ä.?
- Hatten Sie schon einmal Harnsteine?
- Gibt es Nierenleiden in der Familie?
- Gab es urologische Beschwerden in der Kindheit, z. B. nächtliches Einnässen oder
Harnwegsanomalien?
- Hatten Sie während der Schwangerschaft urologische Beschwerden? Untersuchungsbefunde
sind hier häufig im Mutterpass eingetragen.
- Hatten Sie gynäkologische Operationen?
- Leiden Sie unter: Gicht, Diabetes mellitus oder arteriellem Bluthochdruck?
- Welche Medikamente nehmen Sie regelmäßig?
- Wie verläuft Ihre Harnausscheidung normalerweise? (vgl. Miktionsveränderungen)
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Blut und Urinuntersuchungen sind Grundlage der Diagnostik.
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Im Labor werden sowohl das Blut, als auch der Urin untersucht. Zur Urindiagnostik finden sie hier ausführliche Beschreibungen. Bei einer
Harnwegsinfektion wird häufig eine Bakteriurie und eine Leukozyturie festgestellt.
Gelegentlich kommt, als Zeichen einer Beteiligung des Nierengewebes auch eine Proteinurie
vor. |
Bakterielle Infektionen kommen am häufigsten vor.
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Bei der primären Pyelonephritis, die hämatogen entsteht (s.o.), sind bei
einer bakteriellen Infektion häufig auch im Blut Bakterien feststellbar, meistens
Staphylokokkus aureus. Aber auch Pilze (Candida und andere Pilze) und andere Erreger
(Chlamydien, Mykoplasmen) können Verursacher der primären Pyelonephritis sein. Bei der
sekundären Form sind es vor allem die Kot-Keime wie E. coli, die aufsteigend zu einer
Infektion führen. |
Chronische Erkrankungen können die Niere dauerhaft schädigen. Diese
Schäden werden bei einer Urografie sichtbar.
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Zum Ausschluss eine Stauungsniere wird meistens eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt. Das
radiologische Standardverfahren bei chronischen Infektionen ist die Urografie. Mit ihr können typische
Veränderungen, etwa eine Verschmälerung des Nierengewebes, ein Verplumpung des
Nierengewebes oder gar eine Schrumpfniere festgestellt werden. Die nachfolgende Grafik
zeigt ein schematischen Bild dieser Veränderungen.
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Der Rückfluss von Urin aus der Blase wird sichtbar gemacht.
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Insbesondere bei Kindern wird nach eine akuten Pyelonephritis häufig ein Miktionszystourethrogramm
durchgeführt. Das ist wichtig um der Entwicklung einer chronischen Pyelonephritis
vorzubeugen, die sich leicht entwickelt, wenn es zu einem Harnrückfluss (Reflux) aus der
Blase in die Nieren kommt. Diesen Reflux kann man mit Hilfe des Miktionszystourethrogramm
feststellen. |
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Therapie
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Strenge Bettruhe und viel Trinken sind Eckpfeiler der Behandlung.
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Die wichtigsten Grundsätze der Therapie der akute Pyelonephritis ist eine
reichliche Flüssigkeitszufuhr (mehr als 2 Liter/Tag) und strenge Bettruhe. Die
Flüssigkeitszufuhr ist sehr wichtig, damit eine häufige Blasenentleerung stattfindet.
Dabei reduziert sich auch die Bakterienzahl. Bei einer komplizierten Pyelonephritis sollte
die Behandlung im Krankenhaus erfolgen. |
Antibiotika müssen ausreichend lange verabreicht werden.
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Eine bakterielle Pyelonephritis wird mit Antibiotika behandelt. Da man zu
Beginn noch nicht weiß, welcher Erreger die Infektion verursacht hat, beginnt man mit der
Gabe eines Breitbandantibiotikums. Danach erfolgt eine gezielte Antibiotikatherapie für
mindestens 14 Tage bis hin zu 21 Tagen. Häufig werden auch fiebersenkende und
schmerzstillende Medikamente eingesetzt, um die Beschwerden zu verringern. Wichtig ist,
dass spätestens nach Abklingen der akuten (oder einer erneuten) Infektion
Ursachenforschung betrieben wird, um ein erneutes Auftreten zu verhindern. |
Bei Entwicklung eines Nierenabszess muss sofort operiert werden.
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Greift die medikamentöse Therapie der akuten Pyelonephritis nach 3 bis 5
Tagen nicht, so kann die Ursache ein Nierenabszess sein. Ein Nierenabszess muss
schnellstmöglich (Notfalloperation!) über eine Drainage oder operativ entleert werden,
da die Komplikationen eines Nierenabszesses gefährlich sind, und die Sterblichkeit sehr
hoch ist. Bei rascher Diagnosestellung ist die Entfernung der Niere in den meisten Fällen
zu umgehen. Unbehandelt führt ein Nierenabszess zur Urosepsis und häufig zum Tod. |
Ursachen der Erkrankung müssen beseitigt werden.
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Bei der chronischen Pyelonephritis ist Grundlage der Therapie eine
ausreichende antibiotische Behandlung unter Berücksichtigung aller Möglichkeiten. Eine
verschleppte chronische Pyelonephritis führt zur Schrumpfniere und Dialyse. Die
Beseitigung der Ursachen einer akuten Pyelonephritis ist die beste Therapie und Vorbeugung
einer chronischen Pyelonephritis. Besteht eine einseitige chronische Pyelonephritis so
kann die Entfernung dieser Niere (Nephrektomie) notwendig sein.
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