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Luftnot - Dyspnoe in der Palliativmedizin
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Bedeutung
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Luftnot wird häufig als lebensbedrohlich empfunden
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Unterschiedlichste Erkrankungen und Beschwerden im Bereich der Atemwege
können bei schwer kranken Patienten in der Palliativmedizin zu einem Gefühl der
Luftnot oder fachsprachlich Dyspnoe führen. Objektiv ist eine Mangelversorgung
des Körpers mit Sauerstoff durch deutlich Symptome gekennzeichnet, etwa Blauverfärbung der Lippen, rasche
Atmung und verminderte Sauerstoffsättigung des Blutes. Das Empfinden von Luftnot
ist jedoch immer subjektiv und noch dazu von Patient zu Patient unterschiedlich.
Eine Luftnot lässt sich nicht mit spezifischen Messmethoden oder Werten
bestimmen, sondern ist immer das, was der Patient als seine Empfindung angibt.
Jede Luftnot muss ernst genommen werden. Sie bedeutet für den Betroffenen eine
erhebliche Belastung, denn Luftnot wird in der Regel als lebensbedrohlich
empfunden.
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Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit werden verstärkt
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Insbesondere für Palliativpatienten mit einer schweren,
lebensverkürzenden Erkrankung ist Luftnot eine besonders bedrohliche
Empfindung. Diese Patienten sind sich in der Regel des nahenden Todes
bewusst und haben bei Einsetzen von Luftnot häufig Angst, nun plötzlich qualvoll
ersticken zu müssen. Diese massive Angst verstärkt wiederum die Luftnot, sodass
ein Teufelskreis entsteht: Luftnot - durch die Luftnot hervorgerufene Angst -
durch die Angst verstärkte Luftnot. Tritt die Empfindung von Luftnot regelmäßig
auf, können sich bei schwer kranken Patienten Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit
und Depressionen entwickeln.
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80 Prozent sind betroffen
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Ungefähr 40 bis 60 Prozent aller Palliativpatienten leiden im
Verlauf ihrer Erkrankung ein- oder mehrmalig an Luftnot. Bei Patienten in
palliativmedizinischer Behandlung, deren baldiger Tod absehbar ist, beträgt die
Häufigkeit von Luftnot sogar 80 Prozent. Für viele ist
die Luftnot das am stärksten belastende Symptom. Das verdeutlicht die große
Bedeutung von Luftnot für den Bereich der Palliativmedizin.
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Ursachen
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Die Ursache ist nicht immer eindeutig
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Ein bei Palliativpatienten auftretendes Gefühl von Luftnot kann
verschiedene, ganz unterschiedlich Ursachen haben. Dabei ist insbesondere bei
Patienten mit einer schweren, weit fortgeschrittenen Krebserkrankung zu
berücksichtigen, dass die Luftnot nicht zwangsläufig mit der Krebserkrankung
zusammenhängt. Sie kann auch davon unabhängige Ursachen haben. Außerdem kann die
Empfindung von Luftnot durch eine Kombination mehrerer Ursachen bedingt sein und
beruht nicht zwangsläufig nur auf einer einzigen Ursache. Beispielsweise sind
bei einem Patienten mit einem bösartigen
Tumor der Lunge und begleitender
Herzschwäche sowie einem zusätzlich auftretenden
Infekt der Atemwege alle diese Ursachen (Tumorerkrankung, Herzschwäche, Infekt)
zu berücksichtigen und in die Therapieplanung mit einzubeziehen.
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Mögliche Ursachen für Luftnot in der Palliativmedizin
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Mögliche Ursachen für eine Luftnot bei Palliativpatienten sind
im Folgenden zusammenfassend dargestellt:
- Asthma bronchiale
- chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD
- Infekte im Bereich der Atemwege, beispielsweise
Erkältung,
Bronchitis oder
Lungenentzündung
- Pleuraerguss
- Pneumothorax
- Verschleimung der Bronchien, beispielsweise bei einem Infekt oder bei
Mukoviszidose
- Tumorwachstum im Bereich der Lunge beziehungsweise im Bereich des
Brustfells (Pleura), beispielsweise bei
Lungenkrebs oder
Pleuramesotheliom
- Lungenembolie
- Herzschwäche,
da es dabei zu einer Wassereinlagerung in der Lunge kommen kann
- Bauchwassersucht, da diese bei großen Flüssigkeitsansammlungen im
Bauchraum die Atembewegungen des Brustkorbs einschränken kann
- Einengung des Darmes, beispielsweise bei
Verstopfung oder
Darmverschluss, da die Darmeinengung zur Ansammlung großer Stuhlmengen
im Darm führen kann. Große Stuhlmengen wiederum erhöhen den Druck im Bauchraum, sodass es
zu einer Beeinträchtigung der Atembewegungen des Brustkorbs kommt.
- Darmlähmung, bzw. ein Darmverschluss aufgrund einer Beeinträchtigung der
Darmtätigkeit
- Auszehrung (Kachexie), beispielsweise aufgrund einer weit
fortgeschrittenen Tumorerkrankung, die die Kraftreserven des Körpers
aufgezehrt hat, sodass dem Patienten die Kraft zum Atmen fehlt
- Müdigkeits- beziehungsweise Fatigue-Syndrom als häufige
Begleiterscheinung bei Tumorerkrankungen.
Das hat zur Folge, dass dem
Patienten das Atmen sehr schwer fällt.
- Schmerzen, die die Atmung beeinträchtigen, beispielsweise bei
Entzündung des Brustfells
- Vergiftungen mit Beeinträchtigung der Atmung, zum Beispiel bei
Überdosierung von starken Schmerzmitteln, die eine dämpfende Wirkung auf
die Atemtätigkeit haben
- Erkrankungen derjenigen Nerven, die für die Atemtätigkeit
erforderlich sind, zum Beispiel bei
Guillain-Barré-Syndrom oder
amyotropher Lateralsklerose
- Hyperventilation (zu rasche und häufig auch zu flache Atmung, in der
Regel bei Aufregung)
- Angst
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Diagnostik
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Diagnostik mit Hilfe von Skalen
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Das Ausmaß von Luftnot lässt sich zwar nicht objektiv erfassen,
jedoch kann der Verlauf dieses Symptoms beim einzelnen Patienten
dokumentiert werden. Das trägt auch dazu bei, Rückschlüsse über die Wirksamkeit einer
Behandlung abzuleiten. Eine Möglichkeit besteht darin, den Patienten zu bitten, die Stärke der Luftnot auf einer Skala
zwischen Null ("keine Luftnot") und 10 ("stärkste vorstellbare Luftnot")
einzuordnen. Zudem ist es sinnvoll, die Strecke zu messen, die ein Patient ohne
Auftreten von Luftnot zurücklegen kann (sofern er nicht bettlägerig ist).
Außerdem wurden einige spezifische Skalen entwickelt, mit deren Hilfe sich die
Ausprägung des Symptoms "Luftnot" im Verlauf erfassen lässt, unter anderem:
- Verbal Rated Score (VRS): Vergabe von Null bis 3 Punkten, entsprechend
den Ausprägungen "keine Luftnot" (Null Punkte), "wenig Luftnot" (ein Punkt),
"mittelstarke Luftnot" (2 Punkte) und "starke Luftnot" (3 Punkte)
- Dyspnea Exertion Scale (DES): Vergabe von Null bis 5 Punkten,
entsprechend den Ausprägungen "keine Luftnot" (Null Punkte) bis "Luftnot
bereits in Ruhe" (5 Punkte)
- Minimales Dokumentationssystem (MIDOS): Bewertung der Ausprägung anhand
der vorgegebenen Kriterien "keine Luftnot", "leichte Luftnot", "mittelstarke
Luftnot" und "starke Luftnot"
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Erhebung der Krankengeschichte
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Zur Feststellung möglicher Ursachen einer Luftnot gehört
aber zunächst die sorgfältige Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese). Dabei stellt
der Arzt unter anderem Fragen nach dem Verlauf bisheriger Luftnotbeschwerden,
der Ausprägung der Luftnot und dem Auftreten dieses Symptoms in Abhängigkeit von
bestimmten Umständen. Infrage kommende Umstände sind beispielsweise Aufregung,
körperliche Belastung und Klimawechsel. Außerdem werden Fragen gestellt, die auf
eventuelle ursächliche Erkrankungen abzielen, z. B. nach:
- Fieber, Husten und Auswurf (als Hinweise auf einen Atemwegsinfekt)
- Bauchschmerzen und Stuhlgewohnheiten (zur Abklärung einer möglicherweise
bestehenden Verstopfung oder eines
Darmverschlusses)
- Wassereinlagerungen in der Knöchelregion (als Hinweis auf eine
Herzschwäche)
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Körperliche Untersuchung
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Zur körperlichen Untersuchung bei Luftnot gehören unter anderem
das Abklopfen und das Abhorchen der Lunge sowie das Abhorchen des Herzens. Auf
diese Weise lassen sich bereits erste Hinweise auf zugrunde liegende
Erkrankungen wie Atemwegsinfekt oder
Herzschwäche erhalten. Auch der Bauchraum wird abgetastet und
abgehorcht, um unter anderem Hinweise auf eine
Verstopfung, einen
Darmverschluss oder eine
Bauchwassersucht als mögliche Ursache der Luftnot zu erhalten. Bei der vollständigen
Untersuchung des Körpers können zudem Wassereinlagerungen (Ödeme) als Hinweise
auf eine Herzschwäche auffallen, beispielsweise Ödeme an den Fußknöcheln.
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Weiterführende Diagnostik
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Ergeben sich bei der Erhebung der Krankengeschichte und bei der
körperlichen Untersuchung Hinweise auf eine oder mehrere Ursachen der Luftnot,
können weitere diagnostische Verfahren zum Einsatz kommen. Dies sind
beispielsweise:
- Röntgenaufnahme des Brustkorbs, um die Lunge und das Herz beurteilen zu
können
- Blutuntersuchung, um beispielsweise Hinweise auf einen Atemwegsinfekt,
eine anderweitige Entzündung oder eine Minderversorgung des Körpers mit
Sauerstoff zu erhalten
- Elektrokardiographie (EKG), Ultraschalluntersuchung des Herzens
(Echokardiographie) und/oder Computertomographie des Brustkorbs zur weiteren
Abklärung einer vermuteten Herzschwäche
- Ultraschalluntersuchung der Bauchorgane sowie Röntgenuntersuchung
und/oder Computertomographie des Bauchraums
- Punktion der Ergussflüssigkeit bei Vorliegen eines
Pleuraergusses
- Spiegelung der Bronchien (Bronchoskopie)
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Nutzen und Risiken abwägen
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Bei der weiterführenden Diagnostik sollte der Arzt abwägen, ob
die einzelnen Untersuchungen für den schwer kranken Palliativpatienten nicht
unter Umständen eine unzumutbare Belastung darstellen. Auch ist es möglich, dass
bei schwerstkranken Patienten ein positives Untersuchungsergebnis evt. keine
therapeutischen Konsequenzen hat. So würde z. B. bei einem schwer
kranken Palliativpatienten eventuell keine Operation zur Tumorentfernung bei
weit fortgeschrittenem Lungenkrebs durchgeführt. Hier kommen andere
Behandlungsmaßnahmen zur Anwendung. In diesem Fall kann eventuell auf eine belastende
Untersuchung verzichtet werden.
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Therapie
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Zur Therapie der Luftnot gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten. Neben
pflegerischen Maßnahmen, Physiotherapie und Medikamenten ist auch die
psychosoziale Begleitung der Therapie der Luftnot von Bedeutung. Bei den
Medikamenten werden folgende Wirkstoffe näher erläutert:
- Beta-2-Rezeptor-Agonisten
- Anticholinergika
- Metyhlxanthine - Theophyllin
- Glukokortikoide
- Opioide
- Antibiotika
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