Einteilung nach der Ursache der Arthritis
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Der Verlauf einer Arthritis ist, je nach Ursache, akut, subakut oder
chronisch. Berücksichtigt man die Ursache einer Arthritis, so werden folgende Formen
unterschieden: 1. infektiöse oder septische Arthritis, Gelenkempyem
- direkte Infektion über eine Wunde, z. B. eine Punktion oder Injektion. Am häufigsten
treten bakterielle Erreger, speziell Staphylokokken auf.
- andauernde Infektion als Folge einer bakteriellen
Infektionskrankheit, z. B. Gonorrhö
oder Sepsis. Seltener sind fortdauernde
Infektionen im Rahmen einer Tuberkulose
bzw. durch Pilze, Brucellen oder Parasiten.
2. Begleitend oder nach einer Infektionskrankheit auftretende Arthritis, bei der keine
lebenden Erreger im Gelenk nachgewiesen werden können
- nach bakteriellen Infektionen tritt häufig eine Monarthritis oder Oligoarthritis auf.
Vor allem nach Infektionen mit folgenden Bakterien ist Vorsicht geboten: Yersinien,
Chlamydien, Mykoplasmen, Gonokokken, Borrelien, Campylobacter, Mykobakterien, Brucellen,
Streptokokken.
- bei oder nach Virusinfektionen kann es zu subakuten Polyarthritiden kommen. Vorwiegende
Ursache sind folgende Virusinfektionen bzw. Viren: Hepatitis B, Röteln, Mumps, infektiöser Mononukleose, Windpocken, Pocken, Coxsackie-Virus-Infektionen,
Adenovirus-Infektionen, makulopapulösem Exanthem, symmetrischer Polyarthritis,
Arbovirus-Infektionen, Alphaviren, ECHO-Viren, Zytomegalie-Virus, Herpes-Viren, evtl. HIV. Chronische
Verläufe sind wahrscheinlich bei Infektionen mit EBV oder Parvoviren
- bei Infektion mit Parasiten,
insbesondere verschiedene Formen von Filarien - das sind spezielle Fadenwürmer, die in
den meisten Fällen durch Insektenstiche übertragen werden. Nachweisbar ist eine
Infektion durch die stark erhöhte Anzahl eosinophiler Granulozyten, einer auf die Abwehr
von Würmern und Parasiten spezialisierten Form der weißen Blutkörperchen. Man nennt das
auch Eosinophilie.
3. Arthritis bei bestimmten rheumatischen Wirbelsäulenerkrankungen und anderen
entzündlichen Erkrankungen, insbesondere Spondylitis
ankylosans, Arthritis psoriatica, Arthritis bei
entzündlichen Darmerkrankungen z. B. Enteritis regionalis Crohn, Colitis ulcerosa, Whipple-Krankheit,
Behçet-Krankheit. Eine Arthritis kann auch nach Bypass-Operationen am Darm und
Magenresektion nach Billroth II auftreten.
4. rheumatoide Arthritis
5. juvenile chronische Arthritis
6. Arthritis bei entzündlichen Bindegewebeerkrankungen und Vaskulitiden z. B. bei systemischem Lupus erythematodes, Kollagenosen,
Purpura Schoenlein-Henoch (rheumatisch bedingte Schädigung der kleinen Blutgefäße von
Haut, Magen-Darm-Trakt und Nieren mit Einblutungen in das umliegende Gewebe),
Panarteriitis nodosa (entzündliche Erkrankung der kleinen und großen Arterien)
7. allergische Arthritis tritt relativ häufig als Folge einer Medikamenteneinnahe auf
und klingt einige Tage nach Absetzen des Medikamentes ab.
8. Arthritis in Verbindung mit Stoffwechselerkrankungen und ernährungsbedingten
Störungen unter anderem bei Gicht (Arthritis urica),
Chondrokalzinose (Ablagerungen von Kalzium im Knorpel - Pseudogicht), Kristallarthropathie
(Kristallablagerung in den Gelenken), Hämochromatose
(Eisenablagerungen), Hyperlipoproteinämien
(Fettstoffwechselstörungen mit erhöhten Vorkommen an Lipoproteinen), Ochronose
(Pigmentablagerungen im Knorpel), Lipoidkalzinogranulomatose (Lipidspeicherkrankheit mit
Kalziumablagerungen im Bereich der Schleimbeutel großer Gelenke), Osteochondropathia endemica, Amyloidose
(Proteinablagerungskrankheit).
9. Arthritis bei endokrinen Störungen: Hyperthyreose, Hypothyreose, Hyperparathyroidismus,
Hypoparathyroidismus,
Diabetes mellitus, Cushing-Syndrom, Akromegalie, Phäochromozytom
10. Arthritis bei granulomatösen Erkrankungen
- Sarkoidose (gutartige Erkrankung der Lymphknoten)
- Langerhans-Zellhistiozytose (Krankhafte Vermehrung von Langerhans-Zellen, einer
speziellen Form von Histiozyten, die zu den Abwehrzellen gehören. Es können einzelne
oder verschiedenen Körpergewebe z. B. von Lunge, Haut, Leber, Knochen, Lymphknoten etc.
betroffen sein.)
11. Arthritis bei Gelenkblutungen als Folge von Störungen der Blutgerinnung
12. Arthritis bei Erkrankungen des Blutbildungssystems
13. neoplastische Arthritis (Neoplasie bedeutet Neubildung von Gewebe)
- primäre Gelenktumoren: gutartiger oder bösartiger Tumor der Gelenkinnenhaut (Synovialom),
Chondromatose (Knochentumor)
- synoviale Infiltration bei bösartigen Systemerkrankungen: insbesondere Leukämien und bösartige Lymphome
14. paraneoplastische Arthritis: z. B. bei Plasmozytom, Lungenkrebs, Prostatakrebs, Brustkrebs
15. Arthritis nach oder durch Verletzungen, z. B. auch Gelenkhautentzündungen nach
Operationen
16. Arthritis bei Erkrankungen des Gelenkknorpels: so genannte aktivierte Arthrosen, Chondropathia patellae
(Knorpelveränderungen an der Kniescheibe durch Fehlbelastungen), freie Gelenkkörper,
rezidivierende Polychondritis (selten auftretende, entzündliche Erkrankung des
Knorpelgewebes)
17. Arthritis bei Neuropathien (Nervenleiden, Erkrankungen der peripheren Nerven):
Tabes dorsalis (Rückenmarkschwindsucht), Syringomyelie, diabetische Neuropathie, Spina bifida mit
Meningomyelozele, hereditäre sensible Neuropathie, angeborene Analgesie
(Schmerzunempfindlichkeit durch Schädigung sensibler Leitungsbahnen des zentralen oder
peripheren Nervensystems), Lepra
18. Arthritis bei bestimmten Hauterkrankungen, z. B. bei Sweet-Syndrom, Akne-assoziierte Arthritis, auch Psoriasis-Arthropathie
19. Arthritis bei sonstigen Grunderkrankungen außerhalb des Gelenkes: z. B.
familiäres Mittelmeer- oder Maltafieber, einer speziellen Form der Brucellose
Quelle: Pschyrembel (ergänzt und kommentiert)
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